Das Geschenk
„Was wohl mit mir passiert wäre, wenn ich ihm damals den Pfeil in die Brust gejagt hätte?"
Ceciles Mundwinkel umspielte ein zögerndes Lächeln als sie sich selbst diese Frage stellte, während an ihrer Seite Valenduil mit leisen Schritten über den weichen Waldboden schritt.
Ihr kam dieser Moment ewig weit weg vor und sie war sehr froh darüber, dass sie damals gezögert hatte.
Cecile hatte mittlerweile völlig das Zeitgefühl verloren. Die Zeit, die sie gemeinsam mit dem jungen Elfen verbracht hatte, war wie ein wohltuender Balsam für ihre Seele gewesen.
Die völlige Abgeschiedenheit von jeglicher Zivilisation, das allmähliche Vergessen der Gedanken an ihre Verfolger, das bescheidene Leben inmitten der Natur...Cecile fühlte sich das erste Mal in ihrem Leben frei.
„Ich mag es, wenn du so geheimnisvoll lächelst", flüsterte Valenduil. „Es verleiht deinem Gesicht etwas sehr..." Er rang mit den Worten. „Schönes."
„Danke.", erwiderte Cecile sanft mit ebenso leiser Stimme. Bei einem anderen Mann hätte Cecile schon ihre Hand gedanklich zu dem Dolch an ihrem Oberschenkel wandern lassen, außer der Süßholzraspler hätte ihr mindestens den halben Arbeitslohns eines Monats vor die Füße gelegt. Aber Valenduil war anders. Sie vertraute ihm voll und ganz. Außerdem war sie sich sicher, dass sein Herz einer anderen Frau gehörte. Sie wusste nicht wem genau, Valenduil war was solche Themen anbelangt mindestens so verschwiegen wie sie selbst, aber er sie hatte so ein bestimmtes Gefühl und er hatte verschiedene Andeutungen in diese Richtung gemacht.
Der junge Elf erfreute sich einfach an den schönen Dingen des Lebens und diesem Moment war es Ceciles Lächeln auf ihren sanft geschwungenen Lippen.
Valenduil war kein Freund großer Worte. Vielleicht war es gerade das, was Cecile so sehr an ihm schätzte. Er sprach wenig. Und wenn er es doch tat, dann nur, wenn es wirklich angebracht erschien.
Seine moosgrünen Augen wandten sich von Ceciles Gesicht ab und erforschten die braun grüne Ebene, der sie sich vorsichtig näherten.
Der Winter hatte sich in den letzten Wochen von seiner ungemütlichen Seite gezeigt.
Cecile konnte die Abende nicht mehr zählen, an denen sie in ihrem selbst errichteten Unterschlupf in Felle gekauert das feuchte, klamme Lager geteilt hatten.
Aber an diesem Morgen lag ein feiner Schleier über dem schlafenden Gras der Ebene, der von silbernen Sonnenstrahlen durchzogen wurde.
Cecile hätte die klare Luft an diesem Morgen in vollen Zügen genossen, wäre weiter vor ihnen nicht der eigentliche Grund gewesen, für den sie diesen Ort aufgesucht hatten.
Sie wusste genau, dass die Rehe vor ihnen bei dem kleinsten Laut Gefahr wittern würden.
Valenduil spannte seinen Bogen und deutete mit einem kurzen Nicken an, dass Cecile warten sollte.
Sie gehorchte und wartete schweigend auf ihn.
„Heute verjagst du aber nicht wieder unseren Braten!", hatte Valenduil gewitzelt, als sie zu der Ebene aufgebrochen waren.
Eigentlich hatte er sich sowieso nur wegen ihr dazu entschieden, auf die Jagt zu gehen und ein Reh zu erlegen.
Es entsprach nicht der Natur der Elfen, Tiere zur Nahrungsbeschaffung zu erlegen. Zwar war Valenduil nicht wie andere Elfen, aber es war stets sein Bestreben, dem „wahren" Weg der Elfen zu folgen - so gut es ihm eben gelang.
Er hatte Cecile einmal erzählt, dass er von Menschen aufgezogen worden war und daher von Kindesbeinen an gelernt hat, wie ein Mensch zu leben.
Irgendwann, nachdem er beschlossen hatte, mehr über sein eigentliches Volk in Ishennar zu erfahren, traf er dort auf einen alten, weisen Elfen, der von da an sein Mentor werden sollte.
„Wenn mich heute mein Mentor sehen würde...", hatte Valenduil auf dem Weg zu den Rehen gemurmelt. „...würde er es mir ziemlich übel nehmen. Aber heute ist schließlich ein Festtag...", hatte er mit sehr leiser Stimme nachgefügt.
Cecile hatte sich über diese Sache mit dem Festtag sehr gewundert, aber Valeduil hatte es ihr nicht weiter erklären wollen und war mit ihr losgezogen.
Sie beobachtete den Elf, wie er mit lautlosen Schritten, geschmeidig wie eine Raubkatze, auf das Wild zu pirschte.
Innerlich schüttelte es sie vor Lachen, weil sie unter normalen Umständen die Tiere auf der Ebene nicht verjagt hätte. Aber sie spielte die Rolle der tollpatschigen Jägerin nun schon seit über einem Jahr.
In der Zwischenzeit hatte Cecile sehr wohl gelernt, sich in der für sie neuen Umgebung zurechtzufinden. Zwar mangelte es ihr immer noch an der Fähigkeit, sich vollkommen lautlos durch den Wald zu bewegen - in Nujel'm gab es eben keine Wälder, lediglich ein paar Palmen -, aber wenn sie es einmal in die Nähe eines Rehs geschafft hätte, wäre das Treffen ihres Zieles weniger das Problem gewesen.
Aber es passte eben nicht so ganz in das Bild von der armen, wehrlosen Frau, die vor ihrem gewalttätigen Mann geflohen war.
Cecile nickte anerkennend, als Valenduils Pfeil sein Ziel traf.
Nach einiger Zeit kam er mit einem kleinen Reh über der Schulter zu ihr zurück.
„Mögen es mir die Ahnen verzeihen." sagte er lächelnd.
„Aber das Kleine wäre ohnehin in den nächsten Tagen einem Wolf oder einem anderen Räuber zum Opfer gefallen."
Cecile blickte ihn fragend an.
„Ich habe diese Herde die letzten Tage beobachtet. Dieses Tier war schwach und unterernährt. ich habe es nur von seinem Leid erlöst."
Cecile nickte stumm und folgte dem Elf lächelnd, während Valenduil mit dem Reh in Richtung ihres Unterschlupfs marschierte.
Die Holzscheite knisterten und knackten gemütlich und der Duft in der Luft war einfach zu verführerisch.
Cecile konnte es kaum erwarten, den „Festtagsbraten", wie Valenduil ihn nannte, zu probieren.
„Valenduil...was soll das Gerede von einem Festtag?" Cecile rutschte etwas näher zu dem Elf.
Valenduil drehte ihr sein Gesicht mit den zwei markanten langen Narben auf der linken Gesichtshälfte zu.
„Ach Cecile...es ist Weihnachten!"
Cecile blickte ihn ungläubig an, hielt kurz inne und musste dann lachen.
„So lange sind wir schon zusammen unterwegs? Meine Güte..."
Sie atmete tief ein und blickte hinauf zum Sternenhimmel.
„Valenduil...", sie senkte ihren Blick wieder und richtete ihre hellblauen, klaren Augen auf ihn. „Du bist einfach nur...lieb..." Sie blickte ihn an, wie sie lange schon keine Person mehr angesehen hatte.
Ihr Schoss plötzlich das Bild von der kleinen Mavis in den Kopf.
Sie wandte sich von Valenduil ab und wischte sich hastig mit der Hand über die Augen.
„Ach Cecile...du bist schon eine sonderbare Frau. In dem einen Augenblick lächelst du mich an, als könnte dich nichts auf dieser Welt erschüttern und dann...
Du bist wirklich rätselhaft. Aber ich glaube du...du hast ein gutes Herz."
Cecile senkte ihren Blick.
„Trotzdem...", fuhr Valenduil mit vorsichtiger Stimme fort. „...glaube ich nicht, dass du die bist, die du vorgibst zu sein."
Ceciles Augen verengten sich.
„Als wir vor ein paar Monaten in die Nähe von Trinsic gekommen waren und ich alleine in die Stadt geritten war, um für jemanden etwas zu erledigen, habe ich...sagen wir...", Valenduils Stimme wurde plötzlich ernst. „...Nachforschungen angestellt."
Sehr langsam erhob Cecile ihren Kopf und blickte Valenduil finster in die Augen.
„Na...hast du wirklich geglaubt, ich nehme dir deine Geschichte ab?
Du hast damals keinerlei Spuren einer körperlichen Auseinandersetzung an dir gehabt.
Du hattest erzählt, dein Mann habe dich geschlagen..."
Ceciles Augen verloren ihren klaren Glanz.
„Versteh mich nicht falsch...ich hatte nie den Eindruck, dass ich dir nicht trauen kann, aber..."
„Aber was?!", fuhr ihn Cecile mit harter Stimme an. „Aber was hat dich veranlasst, Nachforschungen anzustellen?!"
Der Elf zuckte kurz zusammen, bevor er weiter sprach.
„Ich wollte wissen, mit wem ich es zu tun habe. Ich war...neugierig...vielleicht ein bisschen...fasziniert."
„Fasziniert...wovon den bitte"?
Allmählich dämmerte es Cecile, dass sie sich in dem jungen Elf getäuscht haben konnte.
Sie spürte wie ihre Hand unbewusst in die Nähe ihres Dolches wanderte.
„Keine Frau spannt einen Bogen wie du, wenn sie es nicht schon lange Zeit vorher erlernt hat. Dein geschmeidiger Gang, das Tänzeln über Zweige und Äste, deine Art, sich umzusehen...lauernd, wie ein Tier, das sich Deckung sucht.
Du bist eine gute Schauspielerin Cecile, aber nicht gut genug, um jemanden wie mich zu täuschen."
„Jemanden wie dich...?" Ceciles Stimme klang plötzlich heiser. Unter ihrem Mantel verkrampfte sich ihre Hand zu einer Faust.
Ihre Gedanken begannen zu kreisen.
„Ja...jemand, der seit seiner Kindheit mit Waldläufern zusammen gelebt hat, jemand, der mit dem Bogen vertraut ist, wie mit..." Er suchte nach einem passenden Vergleich.
„Ach...das ist auch unwichtig. Jedenfalls gibt es keinen reichen Händler namens Boisseau in Trinsic. Überhaupt habe ich diesen Namen bisher nie vorher gehört.
Vielleicht war es auch das, was mich stutzig gemacht hat. Sieh...ich bin häufig mit Städtern auf Reisen. Sie erzählen mir von ihren unwichtigen, unbedeutenden Dingen, prahlen mit den Verbindungen, die sie haben, Namen anderer reicher Händler, freuen sich über ihr angehäuftes Gold, dass ihnen rein gar nichts nützt, wenn ich sie nur um die falsche Ecke führe.
Aber den Namen Boisseau habe ich in Zusammenhang mit einem Händler nie vernommen. Dafür wusste aber in Trinsic jemand von einer jungen, schönen, rothaarigen Frau zu erzählen, die vor mehr als einem Jahr, ein Etablissement mit den Namen Die kleine Meerjungfrau eröffnet haben soll und dann genauso plötzlich verschwunden ist wie sie gekommen war. Außerdem gab es Gerüchte, von dem Verschwinden verschiedener Personen, die mit diesem Etablissement zu tun hatten...
Cecile...", er blickte sie ernst an. „Ich bin nicht dämlich. Zwar lebe ich die meiste Zeit im Wald, aber ich habe Augen im Kopf. Außerdem komme ich viel herum, wenn ich meine „Kunden" durch die Wälder von einer Stadt zur nächsten begleite."
Cecile spürte, wie sich etwas langsam um ihre Kehle verengte und ihr den Atem nahm.
„Und...?", erwiderte sie mit eisiger Stimme. „Noch irgendwelche Erkenntnisse?"
Valenduil nickte stumm.
„Ja...durch Zufall erwähnte ich deinen Nachnamen vor etwa einem Monat, als ich bei einem älteren Händler in Minoc den neuen Mantel für dich gekauft habe. Und..."
Cecile wurde schwindelig.
„Genug!!!", schrie sie ihn an und sprang von ihrem Platz auf.
Sie rannte von dem Feuer weg und ließ sich gegen einen Baum fallen.
Tränen liefen über ihr schönes Gesicht.
Ohne dass sie es hörte, war ihr Valenduil gefolgt.
„Der Händler war sehr überrascht, als er den Namen Boisseau hörte, denn er konnte sich gut an eine Familie mit diesen Namen erinnern. Er berichtete mir von einem aufstrebenden jungen Geschäftsmann, mit einer wunderschönen Frau, die gemeinsam ein kleines Kind hatten - ein Mädchen mit roten Haaren."
Valenduil legte vorsichtig eine Hand auf Ceciles Schulter.
Sie zuckte zusammen. Im selben Moment löste sich ihr Dolch aus seiner Scheide.
Ihre Stirn lehnte an der harten, kalten Rinde des Baumes und Tränen bahnten sich den Weg durch das Fell ihre langen Mantels.
Der Gedanke an ihre Eltern machte sie fasst wahnsinnig. Sie wollte diesen Schmerz beenden, aber Valenduils Stimme verstummte nicht.
„Die Familie Boisseau war in Minoc einst bekannt für ihren Reichtum, dem sie dem Handel mit verschiedenen Gütern verdankte, aber eines Tages...kam die Familie nicht von einer Schiffsreise zurück. Der Händler..."
„Es reicht...hör auf...", flüsterte Cecile mit gebrochener Stimme.
„Der Händler war mit seiner Frau und seinem Kind nach Nujel'm aufgebrochen und von dieser Fahrt ist er nie wieder zurückgekehrt. Man hatte seine und die Leiche seiner Frau in einer Gasse in Nujel´m gefunden, aber seine Tochter..."
Plötzlich fuhr Cecile herum. Ihr Gesicht war von Tränen überströmt. Ihre Augen blitzen in einer Mischung aus tiefer Trauer und blanker Wut auf.
Leider war es zu dunkel, selbst für einen Elfen, um das zu erkennen.
Mit einer blitzschnellen Bewegung führte sie den marmorierten Stahl ihrer kurzen Klinge an Valenduils Hals.
„Wie konntest du es wagen, mir nachzuspionieren?!", kreischte sie ihn an.
Valenduil wusste nicht, wie ihm geschah und ließ sich von Cecile zurückschieben, die ihn mit einer Kraft zum Feuer drängte, wie er es von der schlanken Frau nicht erwartet hätte.
Er ahnte, dass jetzt ein falsches Wort verheerende Folgen für ihn haben könnte.
„Cecile...hör mir bitte...hör mir bitte bis zum Ende zu...", stammelte er.
Cecile raste vor Zorn. Sie war kurz davor ihm die Kehle durchzuschneiden.
„An diesem Tag waren noch andere, fremdländische Menschen in Minoc, die sich bereits einige Wochen vorher nach der Familie Boisseau erkundigt hatten!"
Valenduil fühlte, dass der Druck des Stahls an seinem Hals kurz schwächer wurde.
„Was?!"
Valenduil wollte nicken, aber hatte Angst, dass diese Bewegung ungewollt sein Ende hervorrufen könnte.
Mit zitternder Stimme fuhr er fort.
„Unglücklicherweise war einer dieser Leute zur gleichen Zeit vor dem Laden des Händlers vorbeigegangen und als der Händler den Mann durch die Fenster sah, rief er ihn zu uns rein...er dachte das wäre hilfreich...und..."
„Du hast...mit einem....dieser...dieser Männer gesprochen?"
Cecile und der junge Elf waren nun dem Feuer wieder nahe und Valenduil konnte den blanken Hass in den Augen Ceciles erkennen.
Mit einer blitzschnellen Drehung befreite er sich von Ceciles Dolch und entfernte sich mit einem Sprung von ihr. Neben dem prasselnden Feuer kam er zum Stillstand.
Er nahm eine für Cecile befremdliche Haltung ein und duckte sich wie eine Raubkatze, die zum Sprung ansetzt, immer noch ihren Dolch im Blick behaltend.
„Nimm diese Waffe weg...", sprach er mit ruhiger Stimme, wie damals , als sie sich das erste Mal begegneten.
Cecile dachte unweigerlich an diesen Moment und wünschte sich, sie hätte ihn damals getötet.
„Nimm den Dolch weg. Ich kann mir denken, dass du damit umgehen kannst. Wahrscheinlich genauso gut wie mit dem Bogen - und natürlich der Armbrust, die du immer versucht hast, vor mir zu verstecken. Du hast sie gar nicht deinem angeblichen Ehemann gestohlen...beides gehört dir - richtig?"
„Was hat dir dieser Mann von mir erzählt?", zischte Cecile und dachte gar nicht daran, den Dolch aus seiner Richtung zu nehmen.
„Gar nichts. Er hat mich gefragt, warum ich mich für die Familie Boisseau interessiere."
Valenduil zögerte einen Moment.
„Ich...ich habe ihm gesagt, dass mir ein reicher Händler auf dem Weg nach Minoc von dieser einst so reichen Familie und ihrem plötzlichen Verschwinden erzählt hat, ich seine Geschichte für gelogen gehalten habe und mich deshalb bei einem örtlichen Händler nach dem Wahrheitsgehalt der Geschichte erkundigen wollte."
„Und das hat er dir abgenommen?"
„Ich weiß es nicht genau, aber ich vermute nicht. Er hat mir einen großen Beutel voll klimpernder Goldmünzen vor die Nase gehalten und mir gesagt, ich solle ihm Informationen liefern, wenn ich jemals einer Frau mit dem Namen Cecile Boisseau begegnen würde."
Valenduil stand immer noch in der merkwürdigen Haltung da und lauerte auf Ceciles Reaktion.
„Ich...ich verstehe nicht...", Cecile versuchte sich vom Zorn abzuwenden und einen klaren Gedanken zu fassen. „...warum du mir das erzählst. Willst du das Gold, was der Mann für mich geboten hat? Sollte das eine Art Beichte sein, bevor du mich ihm auslieferst...?"
Kaum hatte Cecile zu Ende gesprochen, sprang der schlanke Elf ihr entgegen.
Sie wollte nach im stechen, aber verfehlte seine Schulter, die er geschickt rechtzeitig zur Seite drehte. Sie hatte ihn unterschätzt...
Im nächsten Moment spürte Cecile nur noch Schmerzen in ihrem Handgelenk und ihr Dolch viel zu Boden. Valenduil hielt ihr Handgelenk unnatürlich verdreht in seiner Hand.
Seine Stimme war wieder ruhig, aber sie konnte seinen Ärger nicht vollständig verbergen.
„Es reicht jetzt...ich will dir nichts tun, setzt dich jetzt hin!"
Er zog Cecile zum Feuer drückte ihr unsanft auf die Schulter, während er mit der anderen Hand immer noch ihr Handgelenk fest im Griff hatte.
Cecile biss sich auf die Lippen und folgte ihm widerwillig.
Valenduil ließ langsam von ihr ab und setzte sich - dieses Mal etwas weiter entfernt von ihr - ans Feuer.
„Cecile, ich frage mich, wie du überhaupt nur an so etwas denken kennst. Seit über einem Jahr reisen wir durch das Land. Ich habe fast mein ganzes Gold für uns beide ausgegeben, damit wir uns..." Er suchte nach dem passenden Wort. „...treiben lassen können. Meinst du, ich mache so etwas mit einer, die mir nichts bedeutet? Mir war vom ersten Tag an klar, dass du Hilfe brauchst und ich habe dir geholfen - oder?"
Cecile blickte ihn unsicher an. Langsam wich der Zorn aus ihren Augen.
Sie nickte kurz.
„Ich wollte dir von dieser Angelegenheit erzählen, weil ich dich warnen wollte...Außerdem...außerdem sollte das hier...", er wedelte mit der Hand in der Luft herum und verteilte den nach verbrannten Braten riechenden Qualm. „...sollte das hier unser Abschiedsabend sein...", erklärte Valeduil mit trauriger Stimme.
Cecile schaute ihn überrascht an.
„Abschied...?"
„Ja...und das hier, sollte dein Abschiedsgeschenk sein..." Er holte hinter sich einen prall gefüllten Beutel hinter einem Busch hervor und warf ihn Cecile zu.
Als sie den Beutel auffing, klimperte Gold darin.
Sie schluckte.
„Cecile...ich...du...wir sind gute Freunde geworden und es ist mir egal, was du früher gemacht hast oder wer du früher warst, aber es ist an der Zeit, dass sich unsere Wege trennen.
Das Gold ist von diesem Mann aus Minoc...der, der mich für Informationen über dich bezahlen wollte."
Cecile spürte einen Kloß im Hals. Sie schluckte, aber es wurde nicht besser. Sie spürte wie ihr Gesicht heiß wurde.
Mit errötetem Gesicht hebte sie ihren Kopf und blickte Valenduil in die Augen.
„Warum müssen wir uns trennen...ist es weil...", flüsterte sie mit gebrochener Stimme.
„Weil du mich gerade töten wolltest...?"
Cecile wandte beschämt ihr Gesicht ab.
„Nein...darum nicht. Aber ich glaube, dass dich diese Leute verfolgen. Deine ganze Geschichte, dein übertrieben vorsichtiges Verhalten...Ja, es ist besser geworden in der letzten Zeit, aber am Anfang."
Ceciles Mundwinkel zuckte, als wollte sie Lächeln.
„War wohl doch keine gute Schauspielerin..."
„Cecile...wenn das alles ist, was du dazu zu sagen hast..."
„Nein...nein...!" Cecile stand auf und ging zu Valenduil. Sie kniete vor ihm nieder und legte den Beutel beiseite. Sie nahme seine Hände zwischen ihre und blickte mit traurigen Augen zu ihm hoch.
„Nein...ich...ich bin ein Monster, das lernen musste zu töten...alles zu töten, was sich ihm in den Weg stellt."
Es war dieser Moment, der sie erkennen ließ, dass sie damals richtig gehandelt hatte, als sie Mavis vor den Toren Trinsics verlassen hatte.
„Ich verdiene deine Freundschaft nicht, Valenduil. Und ich kann auch dieses Gold nicht annehmen."
Valenduil zog seine Hände zurück und hob den Beutel vom Boden auf.
Er schüttelte langsam den Kopf.
„Nein, du nimmst das jetzt. Du brauchst es um irgendwo neu anzufangen. Nimm eine neue Identität an, schneide dir deine Haare ab oder so.
Ich meine...wenn man verfolgt wird und so hübsch wie du aussieht und einen so seltenen Namen trägt, ist es schon reichlich dumm nicht beides zu ändern. Oder nicht?
Valenduil legte seinen Kopf schief und lächelte leicht.
Cecile ließ ihren Kopf auf seine Knie fallen und drückte sich an ihn.
Lange Zeit saßen sie so da. Der „Festtagsbraten“ war mittlerweile verbrannt und sie wussten beide, dass es so sein musste, wie Valenduil es gesagt hatte.
Am nächsten Morgen nahmen sie voneinander Abschied.