Schreibblockade
Als Boris Borkhern nach vier Wochen Abwesenheit die Türe zum Redaktionsgebäude in Trinsic wieder aufschließt, fällt ihm natürlich zuerst der Aushang des Fürsten auf, den jemand direkt auf die Eingangstür genagelt hatte.
Seit 3 Monaten stehen die Druckmaschinen der Trinsicer Volksstimme nun schon still und es sieht nicht so aus, als könnten sie schnell wieder in Druck gehen. Innerhalb weniger Tage waren damals beide Maschinen durch technischen Defekt ausgefallen. Das war nichts ungewöhnliches, die Druckerpressen waren alt und hatten immer wieder ihre Probleme. Diesmal allerdings waren zentrale mechanische Elemente gebrochen. Sie hatten noch versucht, Teile der einen Maschine als Ersatz für die andere einzubauen. Aislynn, die fleißige Praktikantin hatte zwei Tage gearbeitet und dann aufgegeben. Die Maschinen waren nicht genau baugleich und daher wollten die Teile einfach gerade nicht passen. Der herbeigerufene Schmid hatte sich nur den Kopf gekratzt und gleich gesagt, dass er nichts tun konnte. Und so konnten die Sonderausgaben zum Tode der Gouverneurin und der Machtergreifung von Dexter Slare nicht in Druck gehen. Boris war sehr unglücklich darüber, hatte er den kometenhaften Aufstieg des Mannes aus dem Kartoffelacker an die Spitze der Macht bereits in einer seiner ersten Reportagen vorausgesehen.
Da neue Maschinen für die mittlerweile ziemlich klamme Volksstimme nicht erschwinglich waren, war Boris vor einem Monat aufgebrochen, um vielleicht bei anderen Druckereien im Land eine gebrauchte Maschine zu bekommen. Allerdings erfolglos.
Boris schiebt die Tür mühsam ganz auf und sammelt die vielen Briefe auf, die hinter der Türe am Boden liegen. Leserzuschriften an die Volksstimme oder an ihn persönlich. Dabei, aber nun damit muß ein Star-Reporter nun mal klarkommen, natürlich auch die üblichen Anbandelungsversuche einsamer weiblicher Herzen – „Boris, ich liebe Dich, ich will ein Kind von Dir“. Leider liegen da aber auch eine ganze Menge Rechnungen und Mahnungen. Der größte Stapel sind neue Zeichnungen für Seite 2, die Ike Burton, der sehr beliebte aber leider auch sehr durchgeknallte Chefredakteur, regelmäßig aus dem Sanatorium schickt. Seine Bilder waren in den letzten Monaten immer bizarrer geworden und Boris denkt sich, dass sich eine Sonderausgabe nur mit Ikes Bildern mittlerweile sehr gut verkaufen könnte.
Boris legt alle Briefe auf den Tisch und macht sich seufzend auf den Weg zum Gouverneur. Wenn Dexter Slare der Zeitung nicht eine sehr kräftige Finanzspritze für neue Druckmaschinen spendieren würde, dann konnte auch bald die Miete nicht mehr bezahlt werden und die Zeitung würde endgültig schließen müssen.
Welch herber Verlust für den hochwertigen investigativen Journalismus in Sosaria wäre das.