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Aus den Chroniken der Stadt Westcliff - Die Gründung der Stadt

Ena'Enyat

Diener
Träume kalter Winternächte

Kardinal Varenga hatte noch nicht zurückgeschrieben. Es würde eh einige Zeit dauern, bis eine Nachricht aus Britain zurückkam, und ihm weitere Order erteilte. Das Land hatte tiefe politische Probleme, die es noch nicht lösen konnte, und Abt Severus ahnte, das schon bald ein neuer Sturm Unruhen über das Land ziehen konnte, sollte diese Hexe ihre Ziele durchsetzen. Schon einmal hatte es eine Prophezeiung zu ihrer Wiederkehr gegeben, und es gab genug Stimmen im Lande, die munkelten, Minax habe in den Tiefen ihrer Festung Shadowguard überlebt und plane einen erneuten Angriff aus Sosaria.

Der Abt stand am Fenster seiner Amtsstube und blickte in den trüben Nachmittag hinaus. Dunkle graue Wolken hingen schwer am Himmel, verdeckten die Sonne und wurden von einem stürmischen Wind immer dichter zusammengeballt, bis nur noch eine einzige dunkle Decke am Himmel stand. Dunstiger Nebel stand über den Feldern, und schränkte die Sichtweite ein. Es passte zu seiner Stimmung, zumal er sich auch nicht sicher war, das die Krone wirklich für den Schutz des Klosters hier im äußersten Norden einstand. Yew war immer noch ein Zentrum, wo das Heidentum seine symbolischen Handlungen und Rituale praktizierte. Die alten Götter lenkten hier zwar nicht die Welt im eigentlichen Sinne, hatten aber trotzdem noch sehr große Bedeutung als Freunde und Beschützer eben dieser Menschen, die sie in Opfergaben und Liedern verehrten.
Es existierten keine Bekenntnisse oder Gebote, kein eigentliches Dogma – es gab nicht mal ein heiliges Buch mit einer Offenbarung oder einer anerkannten Wahrheit, sondern lediglich eine Sammlung kunstvoll gedichteter Mythen und Lieder. Es existierte nichts schriftliches, worauf sich das überlieferte Recht beruhte, alles wurde über Generationen mündlich weitergegeben. Aber es existierte und noch war es für ihn persönlich auch keine Bedrohung. Die religiöse Praxis, wenn es denn eine gab, bestand für die Nordmänner hier in Yew hauptsächlich darin, das sie Feste feierten.

Der Wind wurde nun stärker und zerrte an den Laden der Fenster. Das Gejaule, das man hin und wieder hören konnte, hörte sich an, als wenn die Geister der Toten umher eilten und lies ihn schaudern. Sollte an den alten Mythen doch etwas Wahres dran sein? Fröstelnd wandte sich der Abt ab und ging hinüber zu seinem Sessel. In dessen kuschliger Gemütlichkeit fühlte er sich schon besser aufgehoben. Severus legte sich seine Decke wieder über die Knie und lauschte den klappernden Geräuschen der Laden, das nach und nach in ein beruhigendes Klangspiel überging. Seine Finger spielten mit den Perlen seines Rosenkranzes, während er leise ein Gebet sprach. Noch einmal schaute er aus dem Fenster, sah wie der Wind die Wolken und den Nebel wieder auseinander blies und den Blick auf das Meer wieder freigab….

Es war die Zeit der Sonnenfinsternis, die dem Erdbeben vorangegangen war. Durch die Nacht strahlte wie Phosphor der bleiche Leib des sterbenden Gottes, aber er strahlte, ohne zu erleuchten. Auch die Sterne hatten ihr Licht verloren; denn alles Helle hatte Er in sich genommen. Einsamkeit umgab das Kreuz, und die Erde war wie ausgestorben. Da rief zwischen Todesröcheln der Heiland über die Öde hinweg:
„Gott, mein Gott! Warum hast du mich verlassen!“
Sein Ruf findet keinen Widerhall. Die Natur erkannte die Stimme nicht mehr, wie sie das Licht nicht mehr kannte. Aber aus der Dunkelheit ballte sich der Gegengott. Auf schwarzen Wolken thronend, schwebt er heran vor das Kreuz. Es war der Zerstörer, es war der Priester mit dem obszönen Symbol, mit der höhnischen Fratze dessen, was man Liebe nannte. Und der Götze sprach:
„Wen rufst du? Nur wir sind noch; nur du bist und ich, dein ewiger Gegensatz, sonst nichts mehr. Du rufst nach dem Gott, den du auf dich gezogen hast. In deinem Streben nach eigener Göttlichkeit hast du die Welt entgottet; wo ist noch ein Gott außer dir?
Deinen Hass wolltest du ausrotten, aber indem du dein Schwert gegen ihn erhobst, verfielst du ihm. Nun hat sich dein Geschöpf gegen dich gewandt, und dich ans Kreuz genagelt. Sieh, ich bin dein Geschöpf, die Ausgeburt deines eigenen Hasses. Vernichten wolltest du mich, aber du hast mich gemästet.
Als ich dir damals die Schätze der Welt versprach, wenn du vor mir niederfielest, da verschmähtest du sie, da hassest du schon die Werke dessen, den du jetzt rufst; denn du wolltest ihm gleichen; da entgegnetest du verächtlich:
Es steht geschrieben: ‚Du sollst den Herren, deinen Gott anbeten und nur ihm allein untertan sein.‘ Wer ist jetzt dein Herr, wenn nicht ich; denn nichts ist mehr außer uns beiden. Auch ich muss vergehen im Augenblick, da du stirbst. Aber war das dein ganzes stolzes Lebenswerk?
Du lehrtest doch: Liebet eure Feinde! – Jetzt liebe mich, deinen ärgsten und letzten Feind.
Nur weil deine Liebe nicht vollkommen war, hast du mich geschaffen, wie du mich in meiner grässlichen Verzerrung vor dir siehst. Damals in der Wüste war ich schön. Noch einmal befehle ich dir nun, mich anzubeten. Liebe mich! Erkenne, dass ich dein Gott, dein Vater bin.“
Da erhob Jesus langsam das Haupt, und seine Augen hefteten sich auf das furchtbare Antlitz des Feindes. Dann von grenzenloser Liebe verklärt, sprach er zu ihm:
„Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!“
Und das Licht, das den heiligen Leib entströmte, begann wieder die Erde zu erhellen. Die Sonne trat wieder hervor, und die schwarzen Wolken, der Thron des Gegengottes zerfloss in nichts. Ein tiefes Donnern erschütterte die Luft, die Erde erbebte, der Vorhang im Tempel zerriss, und offen lag vor den Augen der Gläubigen das Allerheiligste. Des Heilands brechender Blick umschloss die erlöste Natur. Und laut erklang seine Stimme:
„Es ist vollbracht!“ *

Mit einem röchelnden Aufschrei erwachte Severus. Es dauerte eine ganze Weile, bis er aus der schrecklichen Vision des Traumes wieder in die Realität seiner kleinen Amtsstube zurückkam. Noch immer ging sein Atem keuchend ob der Heftigkeit dieses Traumes, der sich so wirklich angefühlt hatte, und er tastete nach dem Wasserkrug, der auf dem Tisch neben dem Bett stand. Ein Geräusch ließ ihn dann aufhorchen. Etwas war mit einem leisen Pitschen auf die Fliesen des Bodens getropft. Er schaute nach. Blut! Sein Blut! Daneben lag das zerbrochene und von großer Kraft zersplitterte Kruzifix seines Rosenkranzes. Völlig fassungslos richtete er sich dann auf und versuchte seine Gedanken zu ordnen, als ihn dann ein erneutes Geräusch zum Fenster schauen ließ. Ein dunkler Schatten, der sich langsam verdichtete und die menschlichen Züge der Hexe annahmen, die ihn höhnisch verlachten. Ein Schmerz durchzuckte ihn dann, und er griff sich an die Brust.

Als eine Stunde später Bruder Vicinius in das Zimmer trat, um mit dem Abt wie jeden Tag die Bücher zu führen, saß Severus noch immer so da – starr und die Augen weit geöffnet


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* Quelle: Erwin Reisner „Der Gott und der Götze, aus dem Buch „Vom Ursinn der Geschlechter.
Anmerkung und Hinweis: Der Satz: „Es war der Zerstörer, es war der Priester mit dem obszönen Symbol, mit der höhnischen Fratze dessen, was man Liebe nannte“ wurde von mir für dieses Kapitel leicht verändert und der Geschichte angepasst. Im Original heißt der Satz: „Es ist Shiva, der Zerstörer, es ist Priapos mit dem obszönen Symbol mit der höhnenden Fratze dessen, was man Liebe nennt.“
 

Ena'Enyat

Diener
Labia mea aperies

Ein stetiger Wind war während des Nachmittages am Vortag aufgezogen und durchwühlte die See vor der Küste, an der das große Kloster lag, fegte über die kleine Ebene in den Innenhof und rüttelte mal mehr und mal weniger an der undichten Tür der Heilerstube, wo Äbtissin Teresia von Vecellio an Cai’Leans Bett saß. Sie hatte die junge Schwester Timida abgelöst, die die Nacht an dem Bett der Priesterin verbracht hatte. Cai’Lean war nach dem Vorfall in der Kirche vor einigen Tagen immer wieder mit Kräutern im Dorf gewesen, um dort die Kranken zu heilen und hatte sich dabei selbst stark erkältet. Jetzt in den frühen Morgenstunden hatte der schlimme Husten, der sie schon seit Tagen wieder quälte, endlich etwas nachgelassen, und Cai’Lean war erschöpft eingeschlafen. Aber für die Äbtissin war es auch ein gutes Zeichen, hatte die Heilerin in den Nächten zuvor immer wieder böse Fieberträume gehabt.

Teresia stand auf, ging hinüber zum Fenster und blickte, in Gedanken versunken hinaus in den tiefschwarzen Morgen, der über dem Kloster lag. Ein Licht, das durch den Kreuzgang huschte, erregte kurz ihre Aufmerksamkeit. Schon bald würde die Glocke geschlagen, um die Brüder und Schwestern zur Laudes, dem allmorgendlichem Stundengebet zusammen zu rufen. Und nur wenige Augenblicke später vernahm sie den klaren Gesang des Invitatoriums.

Dómine, lábia mea apéries.
Et os meum annuntiábit laudem tuam.


Erleichtert, aber auch noch von Sorgen gezeichnet, ging Teresia nun zu einem kleinen Altar hinüber, der sich in der Heilerstube befand, sank mit gefalteten Händen nieder und übersetzte leise flüsternd für sich den Gesangs zum Gebet: Herr, öffne meine Lippen. Damit mein Mund Dein Lob verkünde.

Während der Gesang im Kreuzgang allmählich leiser wurde und schließlich nicht mehr zu hören war, war Teresia auf den Betstuhl knien geblieben. Sie wusste instinktiv, das Cai’Lean nun das Schlimmste überstanden hatte und schon bald wieder aufstehen konnte. So war es nur zu passend, dass sie in diesem Moment dem Herrn dafür danken konnte. In ihren Fieberträumen hatte die Priesterin immer wieder nach Lord Belenus vom Council gefragt, und so hatte die ältere Nonne einen Brief ins Council geschrieben. Noch immer hatte sie keine Antwort bekommen, und mittlerweile fragte sich Teresia auch, ob der Brief denn jemals angekommen war. Nachdem ein paar alte Recken dieses Ordens – sie wusste einfach keinen besseren Begriff dafür – vor ein paar Jahren dem Council wieder zu einer strahlenden Blüte verholfen hatten, hatte das Schicksal dann wieder hart zugeschlagen und aus dem Council nun eine Geisterstadt gemacht, die nach und nach verfallen war. Nur Lord Belenus hielt dort tapfer die Stellung, aber Teresia fragte sich auch oft, wie ein einzelner Ritter in Yew für Recht und Ordnung sorgen sollte.

Der Gedanke an den Brief hatte sie etwas abgelenkt. Ihre Glieder waren vom langen Sitzen am Bett schon recht steif geworden und schmerzten, aber sie wollte noch auf die Ablösung ihrer Krankenwache durch Schwester Fiona warten, die nach der Laudes kommen würde. Sie schlug schuldbewusst ein Kreuz und fuhr weiter mit den morgendlichen Gebeten fort.

Benedictus Dominus Deus Israel,
quia visitavit et fecit redemptionem plebi suae
et erexit cornu salutis nobis, in domo David pueri sui,
sicut locutus est per os sanctorum, qui a saeculo sunt, prophetarum eius,
salutem ex inimicis nostris, et de manu omnium, qui oderunt nos;
ad faciendam misericordiam cum patribus nostris, et memorari testamenti sui sancti,
iusiurandum, quod iuravit ad Abraham patrem nostrum, daturum se nobis,
ut sine timore, de manu inimicorum liberati, serviamus illi
in sanctitate et iustitia coram ipso omnibus diebus nostris.
Et tu, puer, propheta Altissimi vocaberis: praeibis enim ante faciem Domini parare vias eius,
ad dandam scientiam salutis plebi eius in remissionem peccatorum eorum,
per viscera misericordiae Dei nostri, in quibus visitabit nos oriens ex alto,
illuminare his, qui in tenebris et in umbra mortis sedent, ad dirigendos pedes nostros in viam pacis.*


Teresia merkte nun, das die lange Nacht am Bett der Heilerin nun auch ihren Tribut forderte. Im heruntergebrannten Schein der Kerze strengte auch das Sehen sehr an, da die Augen wie Feuer brannten und ihr nun auch immer wieder zufielen. Ihr Gesicht fühlte sich brennend heiß an, während die Kälte des steinigen Bodens langsam von den Füssen an in ihren Körper hochkroch.
Die Äbtissin zitterte plötzlich, und sehnte sich nun nichts mehr herbei, als selbst in ihrer Kate unter der warmen Bettdecke zu liegen. Sie konnte die Augen nun kaum noch öffnen, wollte es auch nicht. Ihr Kopf sank langsam auf die gefalteten Hände, und Teresia verspürte nun eine angenehme Entspannung, die sie eine Weile ruhen ließ.

Als sie nach einer kleinen Weile dann ein lautes Geräusch hörte, schreckte sie wieder hoch. Ein Fenster war durch den Druck des Windes aufgestoßen worden und schlug nun immer wieder gegen die Hauswand. Teresia erhob sich rasch, ging zum Fenster hinüber und sah hinaus. Der Wind war nun heftiger geworden, hatte die dunklen Wolken am Himmel auseinander geschoben, und das bleiche Licht des Vollmondes stahl sich nun in das kleine Zimmer. Sie wollte das Fenster gerade öffnen, ob die Lade erneut zu befestigen, als ihr Blick auf das Bett der Heilerin fiel.
Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Cai’Lean saß mit weit aufgerissenen Augen aufrecht im Bett - angestrahlt vom Schein des Mondes, was sie unheimlich und fast unwirklich aussehen ließ. Sie starrte unentwegt auf einen hellen Fleck an der gegenüberliegenden Wand des Bettes. Immer wieder flüsterte sie mit heiserer Stimme wie in Trance einen Namen, den sie nicht verstehen konnte. Teresia beugte sich dann zu ihr runter. Fast schien es, als wenn Cai’Lean dies bemerkt haben musste, denn sie drehte langsam den Kopf zu ihr hin.
„Sie wird gerufen werden. Das Land wird erneut in Chaos versinken. Der Diener ist da, sie zu holen. Ein Land wird fallen.“

Langsam, nachdem sie diese prophetischen Worte gesprochen hatte, sank die ehemalige Heilerin des Councils wieder in die Laken des Bettes zurück. Teresia zitterte nun heftig. Cai’Lean hatte eine Vision gehabt. Eine Zeit saß er noch so da und überlegte, was sie tun sollte. Dann, nach einiger Zeit fasste sie einen Entschluss.

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* Einheitsübersetzung des Lateinischen Gebetes:
Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels!
Denn Er hat Sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen.
Er hat uns einen starken Retter erweckt im Hause Seines Knechtes David.
So hat Er verheißen von alters her durch den Mund Seiner heiligen Propheten.
Er hat uns errettet vor unseren Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen.
Er hat das Erbarmen mit den Vätern an uns vollendet und an Seinen heiligen Bund gedacht,
an den Eid, den Er unserem Vater Abraham geschworen hat.
Er hat uns geschenkt, dass wir, aus Feindeshand befreit, Ihm furchtlos dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit
vor Seinem Angesicht all unsere Tage.
Und du Kind, wirst Prophet des Höchsten heißen, denn du wirst dem Herrn vorangehen und Ihm den Weg bereiten.
Du wirst Sein Volk mit der Erfahrung des Heils beschenken in der Vergebung seiner Sünden.
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe,
um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes
und unsere Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens.
 

Ena'Enyat

Diener
Mit den Augen eines Wolfes (Teil 1) - Das Opfer

Der Sturm kam vom Meer ins Land und jagte nun mit heftigen Böen von der Küste über die vereisten Felder und Straßen hinweg in die dichten Wälder von Yew. Die Straßen und Plätze waren nun menschenleer, die Menschen hatten sich vor der drohenden Kälte in ihre Häuser zurückgezogen und sich an einem warmen Feuer versammelt. Der Wind pfiff und jaulte nur so um die Häuserecken und riss wütend an den Fensterläden, und alles was man vergessen hatte, anzubinden oder in einen Schuppen zu stellen, wirbelte in einem wilden Tanz mit den dichten Schneeflocken durch die Lüfte.
Die Finsternis dauerte an, und sie verschlang unersättlich die Seelen derjenigen, deren Pferde nun zu erschöpft waren, den Schlitten durch die hohen Schneeverwehungen zu ziehen. Hier im eisigen Tosen des Sturmes war der Mensch dem Wüten der Elemente schutzlos ausgeliefert, hier rüttelte die unerbittliche Natur an den Grundfesten des Daseins, verlor der Mensch seine trügerische Weltorientierung. Und dennoch, wer diesen so scheinbar hilflosen Urzustand überlebte, machte eine für ihn sehr wertvolle Grenzerfahrung.

Im Wald wütete der Wind nicht, aber auch hier peitschte hin und wieder eine starke Windbö durch die dick vereisten Äste der Bäume. Ein dunkler, vermummter Schatten mit wilden Haaren bahnte sich mit keuchendem Atem einen tief verschneiten Hang hinauf. Die dicken Fellstiefel steckten in Schneeschuhen, und um den hageren Leib, der dick vermummt war, hatte er einen kleinen Schlitten gebunden, der immer wieder aus den Verwehungen befreit werden musste. Unter einem größeren Felsen machte er halt, blieb stehen und lauschte in den Wind hinein. Ein schwaches Winseln drang an sein Ohr. Irgendwo in der Nähe suchte ein Tier nach Nahrungsbrocken aus den Kadavern anderer Tiere, die in der Kälte verhungert waren. War das etwa ein Wolf?
Askan’s Herz schlug nun schneller, und die leichte Angst die ihm überfiel trieb ihn nun weiter den Hang hinauf. Eine Bö brauste heran und warf ihn gewaltsam zurück, aber der alte Seher kämpfte dagegen an. Er stieß seinen Stab fester in den Schnee und rang mühsam nach Halt. Das Schneetreiben wurde nun dichter. Blinzelnd versuche er nun etwas durch die funkelnden Schneeflocken zu erkennen.
Wieder hörte er die Geräusche eines Tieres, das mit den Pfoten kratzte. Askan schlug nun einen Bogen. Er wollte den Wind gegen sich haben, damit das Tier ihn nicht wittern konnte. Auf Händen und Füßen kroch er nun voran, legte sich auf einen Felsen und spähte eine Senke hinunter. Dort, im grauen Dunkel hob sich die Silhouette eines Wolfs von der schmutzigen Schneedecke ab. Er hatte den Kadaver eines Karibus gefunden, das in der Nähe seines Unterstandes verendet war und scharrte diesen nun aus dem festgefrorenen Schnee.

So viele waren verhungert. Unter Gebeten und Gesängen hatte Askan die Seelen der Tiere zu den Sternen begleitet. Seit der Sturm herangekommen war und den Schnee mitgebracht hatte, lag eine feste weiße Decke über den Leichnam, bis der Wolf gekommen war und nun von dem gefrorenen Fleisch essen wollte, dass er auch für sich brauchte. Mühsam unterdrückte er den brennenden Wunsch, vorwärts zu stürmen, um seine Wut und seinen Schmerz hinauszuschreien.
‚Oh Odin, Allvater, nimm deinen Blick weg. Der Hunger zwingt einen Jäger zur Pirsch auf einen anderen. Was habe ich dir getan, das du mich so schrecklich bestrafst? ‘
Askan holte tief Luft, richtete sich lautlos auf die Knie. Für einen Moment hielt der Wolf inne, hob den Kopf und stellte die Ohren auf. Bewegungslos verharrte Askan an der Stelle, wo er sich befand und prüfte den Wind.
Der Wolf hob den Kopf und witterte. Er spürte instinktiv die Anwesenheit des anderen in der Nähe, und der Körper des Tieres drückte höchsten Argwohn aus. Aber Askan blieb einfach dort, wo er war. Mit wildem Geknurre, voller Hass und auch Angst kam das Tier nun langsam auf ihn zu, sprang ihn dann an und warf ihn zu Boden. Mit der einen Hand an der Kehle des kräftig zuschnappenden Tieres, zog Askan nun sein Messer aus dem Gürtel und rammte es den Tier in die Seite.
„Mein Bruder…“ sagte Askan nun leise, und es klang traurig, „ich will dich nicht töten, aber ich hungere wie du. Reinige deine Seele zu unserem Wohl.“
Er rollte sich nun unter dem sterbenden Tier weg. Der Wolf keuchte heiser und stieß frostige, weiße Atemwölkchen aus, und Askan bemerkte, wie ihn die schmalen, bernsteinfarbenen Augen des Wolfes fixierten. Er saß regungslos dar. Aus dem Körper des Wolfes ragte das Messer und vibrierte bei jedem Atemzug. Blut rann aus der Wunde und gefror sofort zu Eis.
„Wolf… es tut mir sehr leid. Odin muss uns vergessen haben, dass er uns zwingt, uns gegenseitig zu essen. Wo sind nur die Karibus hin, und die großen Büffel?“
Das Tier winselte leise und senkte den Kopf. Es versuchte, noch einmal aufzustehen, aber die Beine des Tieres zitterten vor Schwäche. Es taumelte, spannte in einem letzten Aufbäumen die Muskeln noch einmal an und stieß einen markerschütternden Schrei aus, der sogar das Gejaule des Windes übertönte. Dann wankte das Tier und fiel erneut zu Boden. Askan hatte nun die Arme zum Himmel gehoben und einen leise klagenden Gesang angestimmt.
„Verzeih, mein Bruder. Du bist tapfer gewesen. Dein Fleisch wird die Kraft geben, die ich brauche. Dort zu den Sternen hinauf singe ich deine Seele, wo wir uns wiedersehen. Ich danke dir für alles.“
Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte drückte nun sein Messer noch tiefer in den Leib des Tieres

Askan sackte in sich zusammen. Langsam, sehr langsam hob er den Kopf wieder und blickte hinauf in den Himmel, den er im Schneetreiben immer noch nicht sehen konnte. Ein Schmerzensschrei aus tiefsten Herzen löste sich nun:
„Odiiin…. Allvater… kannst du mich hören? Hörst du mich, Odiiin?“ Er wankte leicht, und er fühlte Zorn in sich aufsteigen..
„Der Wolf hat sein Leben geopfert, damit ich weiterleben kann, für mein Leben, hörst du das? Er kümmerte sich!“ Er horchte in den Wind, aber es kam keine Antwort.
Askan zog nun das Messer aus dem Leib und schnitt den Bauch des Wolfs auf. Ein Schwall heißer Luft trat hervor und umhüllte sein Gesicht mit dem Geruch warmen Blutes. Dann löste er das Herz heraus und schlürfte das warme Blut ab, das davon runterrann. Anschließend schnitt er den starken Muskel in Streifen und stopfte sie sich in den Mund. Der beißende Geschmack des Wolfsfleisches füllte ihn aus, und sein leerer Magen zog sich krampfartig zusammen. Die Stärke des Wolfes durchströmte ihn, und in seinen Gliedern breitete sich ein warmes Wohlbefinden aus.

Leise summend, die Leiche des toten Wolfes auf den Schlitten gebunden, rutschte Askan nun in die Senke, wo der Wolf das Karibu entdeckt hatte. Obwohl der Sturm die Senke ordentlich verweht hatte, hatte der Seher schnell seinen gut versteckten Unterstand wiedergefunden. Er griff mit beiden Händen tief in den Schnee und schob diesen beiseite. Schon bald sah er die ersten Karibufelle, die er über den Unterstand gehängt hatte und schlüpfte hinein in die kleine Schneehöhle. Die kleine Behausung bot ihm seit Beginn des Winters immer wieder Schutz vor der Nacht und vor der Kälte, und nun da wieder frostig klare Luft in die kleine Höhle drang, wurde ihm auch bewusst, wie lange er schon dort war. Der Geruch, der ihm entgegenströmte stank bestialisch, und verursachte ihm leichte Übelkeit.
Der Wind heute nun wieder stärker, und fast schien es, als hörte der alte Seher die Stimmen der toten Ahnen nach ihn rufen. Böse Stimmen, die versuchten ihm Angst und Furcht einzujagen. Kräftige Böen rissen an den gefrorenen Fellen, die in der eisigen Luft knirschten und knisterten. Seine Augen suchten den Nachthimmel ab.
„Verschwindet! Geht weg! Ich habe mich ehrenhaft verhalten!“ Seine Arme und Hände ruderten abwehrend durch die Luft.
„Geht weg, hört ihr? Meine Seele gehört euch nicht! Lasst mich allein!“

Das Heulen des Sturmes ließ plötzlich nach, und es schien, als würden ihm die unheilvollen Mächte der Finsternis Respekt zollen für seinen Mut. Er zurrte den Kadaver des erlegten Tieres nun weiter in die Höhle und betete, dass Bruder Bär ihn jetzt nicht finden würde. Völlig erschöpft legte er sich neben das Fell des Wolfes und fiel sofort in tiefen Schlaf. Hunger und Müdigkeit forderten ihren Tribut, aber das Blut des Wolfes wärmte ihn im Schlaf, schenkte ihm wieder Kraft und stärkte ihn. In die Dunkelheit des Schlafes drängte sich ein Traum…
 
Aus den Chroniken der Stadt Westcliff

Von Darsus, genannt der Chronist, Mönch der Empath Abbey zu Yew und Stadtschreiber von Westcliff


Liebe, Wahrheit, Mut – Prinzipien der ultimativen Weisheit (Teil 1)
Die Positive Seite

In den Bibliotheken der Städte ist sehr viel Wissen niedergeschrieben, aber das wirklich wichtige Wissen wurde in den drei Orden der Prinzipien gesammelt und sicher aufbewahrt. Auf meinen Reisen durch das Land war ich eines Tages auch nach Serpents’Hold gelangt, und hatte dort die Erlaubnis bekommen, meine theologischen Studien in de großen Bibliothek dort fortzusetzen. Und so kam es, dass ich eines Tages unter den alten Schriften eine sehr wichtige Handschrift eines Ordensbruders namens Delerion Grizz fand, einst wohl ein taperfer Streiter des Ordens Knight of the Silver Serpent. Die großen Zeiten dieses Ordens waren schon lange vorrüber, niemand konnte sich noch mehr daran erinnern, das es ihn wohl mal gegeben hat, aber nach den Aufzeichnungen, die dieser Ritter hier hinterlassen hatte, war der Orden einst sehr aktiv in der politischen Geschichte des Landes gewesen und hatte eine wichtige Rolle gespielt, auch im Kampf gegen die alten Feinde Lord British.

Die alte Schriftrolle, die ich fand war eine gedankliche Abhandlung des Ritters zu der von Lord British verfassten These über die Prinzipien und die Tugenden. Sir Delorion schien ein wirklich gedankenvoller Mensch gewesen zu sein, denn so wie er den genauen Zusammenhang erklärt, hätte es kein anderer besser machen können. Aber lest selbst, was er hierzu schreibt.


Die Drei Prinzipien

Das von Lord British eingeführte Ethiksystem der Acht Tugenden ist mehr als die willkürliche Zusammenstellung acht positiver menschlicher Eigenschaften. Die Tugenden lassen sich vielmehr von den Drei Prinzipien ableiten, welche der Natur nach die Grundsätze menschlichen Daseins darstellen. Ebenso wie es acht Tugendräte gibt, je einen in jeder der acht Gründerstädte Britannias, so gibt es drei Orden, die sich jeweils der Bewahrung, Erforschung und Ausfüllung der Prinzipien widmen. Der Knights Order of the Silver Serpent ist ein solcher Orden, der Orden des Mutes um genau zu sein.

Herauszufinden, was genau Prinzipien und Tugenden zusammenhält und vor allem: auf was alles zusammengenommen hinausläuft, das wäre eine Aufgabe wie sie nach dem in alten Schriften beschriebenen “Weg des Avatar” nur von einem Menschen von höchster Tugendhaftigkeit und innerer Festigkeit gelöst werden könnte. Aber, wie wir ja wissen, ist dies noch niemandem gelungen. Manche sagen, der Fremde aus einer anderen Welt, der Mondain vor über 300 Jahren besiegte, sei der von dem die Schriften sprächen. Doch ob dies der Wahrheit entspricht wird sich wohl erst bei der Rückkehr des Fremden herausstellen, sollte er noch leben und sollte er überhaupt jemals zurückkommen.

Im Gegensatz zu den recht konkreten Tugenden stellen die Drei Prinzipien so etwas wie “fundamentale Wahrheiten” dar. Die Tugenden sind die Manifestationen der Prinzipien. Die Prinzipien sind also etwas abgehobenes, schwer Greifbares; die Tugenden liegen direkt menschlichen Handlungen und Verhaltensweisen zugrunde, die man konkret beobachten kann. Wenn die Tugenden das Regelwerk für ein gesittetes menschliches Zusammenleben sind, dann sind die Prinzipien die Elemente, aus denen dieses Regelwerk zusammengesetzt ist.

Die Drei Prinzipien sind Liebe, Wahrheit und Mut.

Liebe ist die Kraft, die uns selbst mit allen anderen Wesen verbindet, in positiver Weise. Sie steht im Gegensatz zum Hass, eine Kraft die genauso stark sein kann, die auch für begrenzte Zeit verbindend wirken kann, im Endeffekt aber zur Trennung und totalen Ablehnung führt. Das der Liebe entsprechende Wort der Macht ist “Amo”. Das Symbol ist die heiss lodernde Kerze/Flamme der Liebe. Es wird bewahrt in Empath Abbey, bewacht vom Orden der Liebe, auch genannt die Brotherhood of the Rose. Die Farbe der Liebe ist ein helles Gelb.
Wahrheit ist die objektive Tatsache, das, was nicht falsch ist. Das ihr zugeordnete Wort der Macht ist “Ver”. Das Symbol ist das Buch der Wahrheit, welches im Lycaeum bewahrt wird. Dort wird es gehütet vom Orden der Wahrheit, dem Lycaeum Order of Truth. Die Farbe der Wahrheit ist ein helles Blau.
Mut ist Überzeugung, Wille und Entschlusskraft, eine Kraft die uns innerlich antreibt. Im Gegensatz dazu steht die Angst, die Feigheit, Zögerlichkeit. Das zugehörige Wort der Macht ist “Cor”. Das Symbol ist die laut und hell klingende Glocke des Mutes. Sie wird von unserem Orden des Mutes, dem Knights Order of the Silver Serpent, in der Festung Serpent's Hold bewahrt. Die Farbe des Mutes ist ein helles Rot.

Es gibt drei Tugenden, die sich direkt aus jeweils einem Prinzipium ableiten:

Liebe erzeugt eine Verbundenheit zwischen uns und anderen Wesen; wenn keine zu großen gegenteiligen Gefühle wie Zögerlichkeit, Hass oder Falschheit entegegen stehen, so kann uns Liebe veranlassen mitfühlend zu handeln oder zu denken. Mitgefühl leitet sich also direkt vom Prinzip der Liebe ab.
Wahrheit lässt uns die tatsächlichen Gegebenheiten sehen; stehen keine negativen Gefühle entgegen, so bringt sie uns dazu ehrlich zu denken und zu handeln. Ehrlichkeit leitet sich daher direkt von Wahrheit ab.
Mut ist unser Wille zu denken und zu handeln; stehen keine negativen Gefühle entgegen, so bewirkt er dass wir gemäß unseren Überzeugungen und gegen alle widrigen Umstände, also tapfer handeln. Tapferkeit ist daher eine direkte Ableitung von Mut.

Weiterhin gibt es drei Tugenden, die aus der Kombination von je zwei Prinzipien entstehen:

Die Liebe zur Wahrheit lässt uns nach Gerechtigkeit suchen. Die Kombination der beiden Prinzipien bedeutet auch, dass gerecht handelt, wer einerseits nach Ehrlichkeit sucht, sich dabei je nach Umstand aber auch von Mitgefühl leiten lässt.
Mutige Handlungen die aus Liebe unternommen werden, sind Akte der Aufopferung. Opferbereit ist daher, wer aus Gefühlen der Verbundenheit heraus Tapferkeit beweist.
Der eigene Mut zur Wahrheit resultiert in Ehre. Ehrenvoll handelt und verhält sich also, wer aus Überzeugung ehrlich ist (man beachte den sprachlichen Zusammenhang Ehre/Ehrlichkeit).

Schließlich exestiert eine Tugend, die sich aus allen drei Prinzipien herleitet, und eine, die unabhängig von den Prinzipien existiert:

Verbinden sich Liebe, Wahrheit und Mut, so resultiert daraus Geistigkeit. Wer danach trachtet sein inneres Selbst tiefer mit den drei Prinzipien zu verbinden, der handelt spirituell.
Bescheidenheit existiert unahängig von diesem System, als Ausgleich des Stolzes, der sich einstellt wenn Tugenden völlig fehlen.

Dies ist der Zusammenhang zwischen Prinzipien und Tugenden*.



Welch ein wunderbarer Weg, den Lord British uns hier aufzeigt, wäre es nicht so schwer, diesen Weg auch zu beschreiten und einzuhalten. Menschen, die diese Tugenden hier in Sosaria vorleben, werden von den anderen sehr bewundert und in Ehren gehalten, und dienen in der Gesellschaft als Vorbilder durch ihr untadeliges Handeln, das sich in Wort und Tat ausdrückt. Aber es gelingt nicht allen, denn das Böse in der Welt ist nach wie vor existent und wird es dem wahren Suchenden nicht leicht machen.
Letzten Endes ist der wahre Tugendhafte der, der keinen Lohn für das was er tut erwartet, sondern einfach tut, was getan werden muss – aus seinem freien Willen heraus. Schon eine altägyptische Handschrift teilt uns mit:

„Folge deinem Herzen, solange du auf Erden weilst, und feiere einen glücklichen Tag.“

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* © Webseite der Knights Order of the Silver Serpent
Tugenden
Prinzipien
 

Anhänge

Ena'Enyat

Diener
Der alte Philosoph

Die Tugenden

Innerhalb dieser Welt leben Menschen mit vielen verschiedenen Idealen, und das ist gut. Doch was ist in den Menschen unseres Landes, die den Guten vom Bösen trennt, den Ehrenhaften vom Verachteten? Tugend – ich sage es, und Tugend ist die logische Folge der Leute, die in einer Gesellschaft geschlossen leben wollen.
Ohne die Tugenden als Verhaltenskodex der menschlichen Beziehungen untereinander, wird die gesellschaftliche Bindung nachlassen. In einer Gesellschaft, die für alle wachsen und gedeihen soll, muss jeder den anderen eine gemeinsam währende Basis der Betrachtung zugestehen.
Ich nenne diese Basis die Tugenden. Denn wenn eine Person möglicherweise persönliche Vorteile durch Verletzung eines solchen Codexes gewänne, würde die Gesellschaft als Ganzes leiden.

Es gibt drei prinzipielle Tugenden, die den Menschen zur Erleuchtung führen. Dies sind: Wahrheit, Liebe und Mut. Von all den unendlichen Gründen, aus denen der Mensch handelt – wie Gier oder Nächstenliebe, Neid oder Mitleid heben sich diese drei prinzipiellen Tugenden hervor.
In der Tat können alle anderen Tugenden und Laster von diesen Grundsätzen und deren Gegensätzen Lüge, Hass und Feigheit abgeleitete werden. Diese drei Prinzipien können zu acht Möglichkeiten kombiniert werden, die ich die acht Tugenden nennen will. Die acht Tugenden, auf die unserer Gesellschaft in Zukunft bauen sollte.

Wahrheit allein wird zu Ehrlichkeit, denn wenn es keine Ehrlichkeit zwischen unseren Völkern gibt, wie können wir das Vertrauen aufbauen, das nötig ist, um unsere Erfolge zu maximieren.
Liebe allein wird zu Mitgefühl, denn irgendwann werden wir alle das Mitgefühl der anderen brauchen, und Mitgefühl denen gezeigt werden, die es den anderen gegeben haben.
Mut allein wird zu Tapferkeit, denn ohne Tapferkeit werden die Menschen nicht riskieren, zu Unbekannten aufzubrechen und werden es nie erreichen.
Wahrheit gepaart mit Liebe führt zu Gerechtigkeit, denn nur die liebevolle Suche nach der Wahrheit macht uns zu einem fairen Richter und nicht zu einem kalten und gefühllosen Menschen.
Liebe und Mut führen zu Mitleid, denn Menschen die einander lieben werden bereit sein, persönliche Opfer zu bringen, um anderen in Not zu helfen, um es im Gegenzug eines Tages zurück zu erhalten.
Mut und Wahrheit führen zu Ehre, große Edelmänner wissen um die ritterliche Ehre, wenn dieser Verhaltenskodex eingehalten wird.
Kombiniert man nun Wahrheit, Liebe und Mut, so erhält man die Tugend der Geistigkeit, die Tugend die bewirkt, das man in sich selbst schaut und seinen Platz in der Welt findet, und ob seine Taten in der Welt als ein Geschenk oder als Plage ausgelegt werden.
Die letzte Tugend ist komplizierter. Die achte Kombination, die frei von Wahrheit, Liebe oder Mut ist, kann nur im Zustand großen Stolzes existieren, nur das Stolz natürlich keine Tugend ist. Vielleicht ist das ein Trick des Schicksals, ein Test, um zu prüfen, dass das die wahre Tugend dahinter die der Demut ist. Ich glaube das die Leute von Magincia daran scheitern werden, und zwar in einem solchen Maß, das ich nicht überrascht wäre, wenn irgendetwas Böses sie in der Zukunft erwartet.

So also kommen von den unendlichen Möglichkeiten, die die drei Prinzipien Wahrheit, Liebe und Mut hervorbringen, die acht Tugenden Ehrlichkeit, Mitgefühl, Tapferkeit, Gerechtigkeit, Aufopferung, Ehre, Geistigkeit und Demut.

Lord British
*


Kardinal Varenga legte das alte Pergament, das er sich aus der königlichen Bibliothek hatte holen lassen, vorsichtig auf den großen Schreibtisch, lehnte sich in seinen Sessel zurück und faltete die Hände auf dem Bauch zusammen. Er dachte nach. Wie immer, wenn er diese Worte gelesen hatte, war er tief beeindruckt von der Weisheit und Klugheit Lord British. Auch wenn es eindeutig ist, das es keine Götter auf dieser Welt gibt, nachdem Mondain den Kristall zersplittert hatte, so war der Lord tolerabel genug gewesen, auch andere Religionen neben seinen Thesen zu dulden. Er hatte sich unzweifelhaft sehr viele Gedanken darüber gemacht, wie die Urfrage nach dem „rechten“ Leben in seinem Land auszusehen hatte, und das machte den Philosophen in ihm aus. Ja, man hätte ihn in eine Reihe mit den alten klassisischen Philosophen stellen können – mit Sokrates, Platon und Aristoteles, die sich nicht nur gedanklich mit dem Wesen des Guten, Wahren und Schönen beschäftigt hatten, sondern ihre Schüler auch gelehrt haben, diese Ideen auch in ihrem Handlungen zu verwirklichen.

Die Glaubwürdigkeit eines Philosophen mass man auf dem Prüfstein seines Lebens: Denken, Sprache und Handeln mussten zusammen eine Einheit bilden und tugendhaft sein. Gerade jetzt in diesen schlimmen Zeiten wurden die Tugenden wieder wichtig. Die steigende Gewaltbereitschaft der Menschen, verursacht durch eine unglaubwürdige Politik in der Vergangenheit hatte ein zunehmendes Gefühl der Sinnentleertheit bei vielen im Lande verursacht. Die Sehnsucht nach einem für alle glücklichen Leben wurde zunehmens größer und so suchten die Menschen nach einer für sie allgemein gültigen Ethik.

Der Kardinal blickte wieder auf das alte Pergament. Die Schreiber verschiedener Orden hatten diese klugen Worte schon bald vervielfältigt und ins Land gebracht, um sie den Volk bekannt zu machen. Viele hatten sich daran versucht, weil es eine neue Möglichkeit bot, das Leben in Sosaria zu erleichtern. Das Wissen aber, wie man diesen Weg beschreiten konnte, um ein wahrer Meister der Tugenden zu werden, wurde oft nur mündlich weitergegeben. Es hätte auch wenig Sinn gemacht, ihnen hier etwas Schriftliches vorzusetzen, da die wenigsten hier lesen konnten. Bauern und Landknechte gehörten auf die Felder und nicht auf eine Schulbank. Trotzdem fand man die Tugendhaftesten unter ihnen meist unter den Handwerkern, die nicht in Schlachten zogen und das Böse in der Welt bekämpften.
Jeder Mensch konnte die Tugenden lernen – manche vielleicht eher, weil es dem Charakter näher kam, einige eben weniger, um die er sich dann mehr bemühen musste. Es lag in der menschlichen Natur, die Vorzüge einer gewissen Sittlichkeit in sich aufzunehmen, und dies machte widerum Mut, denn durch Gewöhnung und stetige Übung konnte man sich schließlich einem vollkommenden Zustand erarbeiten und zu einem Meister der Tugend werden. Es brauchte nur Willenskraft und das Bewusstsein, sich jeden Tag ein klein wenig um die Ausübung der Tugenden zu kümmern und sie anzuwenden, und zwar aus dem freien Willen heraus. Die Kunst bestand darin, das goldene Mittelmass zu finden, und diese Mitte lag nicht in deren Unzulänglichkeit oder Übermass – sondern genau zwischen beiden Lastern. Zuviel Mut ist Übermut und Leichtsinn, zu wenig ist Feigheit, und diese wäre nur ein Beispiel. Wahres inneres Wachstum gedeiht nur langsam und in kleinen Schritten.

Aber machte es den Menschen glücklich? Was den Einzelnen anging, war es individuell sehr verschieden, was ihn glücklich machte. Ein Kranker sah sein Glück in der Gesundheit, und ein Armer im Reichtum. Es gab offensichtlich ein Glück, das vom Schicksal oder durch Zufall gesandt wurde, und diese Form des Glückes stand nicht in der Macht des Einzelnen und war sehr von den äußeren Umständen abhängig. Es gab aber auch das Glück, das allen durch eigenes ethisches Handeln offenstand und durch Lernen und Üben erreicht und vervollkommt werden konnte.
Platon nannte einst vier Haupttugenden: Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit und Gerechtigkeit. Die christlich-mittelalterliche Philosophie seiner Kirche ergänzte das überlieferte Tugendsystem, das aus den platonischen Kardinaltugenden und den mitmenschlichen Tugenden wie Nächstenliebe, Hingabe, Wahrhaftigkeit und Treue bestand. Sie fügte die drei "göttlichen" Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe hin zu, die als von dem Gott seiner Kirche als in die Seele der Gläubigen „eingegossen“ waren. Die Tugend der Liebe wurde in ihrer vielfältigen Gestalt – vor allem in Form der christlichen Nächstenliebe - hierbei am höchsten angesehen.

Die Liebe… viele viele, und das seit dem die Menschen erkannt haben, das sie Gefühle hatten und darüber reden konnten, hatten schon über dieses Thema philosophiert, versucht ihr Wesen zu verstehen, hatten es in schöne Worte gefasst und doch nichts erklärt, denn man konnte dieses große Gefühl nicht in Worte fassen. Er dachte an seine eigene Kirche, die ihren eigenen Priestern sehr viel abverlangte, deren höchstes Gebot es war, nur Gott und seinen nächsten wie sich selbst zu lieben, sie aber zur Ehelosigkeit verdammte. Das einzige was ihn tröstete, war die Kenntnis, dass es nicht nur den Priestern seiner Kirche, sondern auch denen so ging, die Priester eines heidnischen Kultes waren. Kardinal Varenga schnaufte nun leicht. Dieses Verbot war in vieler Hinsicht einfach nur lächerlich und ein Armutszeugnis fü die Philosophie obendrein, war es einfach nur dazu da, das sich eben mancher nicht an diese Gelübde hielt und sich geflissentlich darüber hinwegsetzte.
Seine Gedanken gingen zurück in eine weit, weit zurückliegende Vergangenheit, als es Magincia, die Stadt des Stolzes in seiner ganzen Pracht noch gab und sein herrlicher Tempel noch stand. Sie gingen zurück zu dem Tag, als er – jung und neugierig auf das Leben, im Schatten einer Dattelpalme auf einer Bank in der Nähe des Strandes sass, und diese wunderschöne Frau im Priestergewand neben sich hatte. Edle, feingeschnittene Züge und ein sanftes Lächeln ließen ihn verträumt auflächeln und für einen Moment innehalten. Was für kurze Momente des Glückes waren das. Aber das Schicksal war oft grausam.
Er, Vincenco Varenga, Sohn von Lucius Varenga, Kommandant der Römischen Garde von Magincia, hatte sich in eine Frau verliebt, die er aufgrund seines Standes nicht haben durfte – denn es schickte sich nicht für einen Römer, eine keltische Priesterin zum Weibe zu haben. Vincenco hätte alles dafür gegegen, seinen Stand gegen das Leben eines einfachen Bürgers eintauschen zu können, aber sein ehrgeiziger Vater hatte ganz andere Pläne. Aber bevor er diese in die Tat umsetzen konnte, begann es. Das Böse erhob sich aus der Tiefe der Erde, brachte dämonische Wesen hervor, die Maginicia schließlich in Schutt und Asche legten und dem Erdboden gleich machten. Sie brachten vielen den Tod, die einst mit Stolz und Hochmut einherschritten, so auch seinem Vater. Es war die Zeit, wo Räuber und Banditen die einstmals prächtige Stadt plünderten und ausraubten, und die reichen Schätze außerhalb des Landes gebracht wurden.Nachdem auch der Große Tempel gefallen war, sahen die Menschen keine Hoffnung mehr und flohen mit Schiffen über das Meer und verteilten sich im Land. Er, Vincenco hatte sie gesucht, aber sie war fort – fort mit den anderen, die die Stadt verlassen hatten.

Er war dann nach Britain gegangen und seiner Kirche beigetreten, weil sie ihn damals nach dem Fall der Stadt aufgefangen hatte. Im Laufe der Jahre hatte er sich mit dem Glauben an einen einzigen Gott irgendwie arrangiert, obwohl es ihm als Römer sehr schwergefallen war. Es gab keinen Gott und keine Götter für ihn, nur die Hoffnung, dass er sie eines Tages wiedersehen würde. Sein Wissen und sein Ehrgeiz hatten Vincenco schon bald in eine bessere Position seiner Kirche gebracht, und dieser Aufstieg hatte ihm nun diese blutrote Kutte beschert, die er nun trug.

Er schaute auf, als sich leise die Tür öffnete und sein Sekretär mit einem Brief an ihm herantrag.
„Excellenz, ein Schreiben von Abt Severus aus Yew.“ Auf das Nicken und einer kleinen auffordernden Geste des Kardinals hin brach der Sekretär das Siegel, faltete den Brief auseinander und begann leise und schnell den Brief zu überfliegen.
„Ach Severus, ja ja… „ merkte Varenga an, „sicherlich schreibt er wieder darüber, wie schlecht der Sommer in Yew war, und das die Leute wieder hungern.“
„Nun, Excellenz, das auch. Er schreibt aber auch noch etwas anderers“ kam es gedehnt von dem Sekretär, und lies den Kardinal aufhorchen. Gespannt schaute Vincenco Varenga diesen an.
„So… was schreibt er denn noch?“
„Er schreibt noch vom Niedergang des Councils in Yew, und das seit dem Herbst eine Priesterin und Heilerin des Councils zu Gast in der Empath Abbey ist. Eine Priesterin des alten Glaubens. Ihr Name ist Cai’Lean.“

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*Text im englischen Original:
http://uo2.stratics.com/lore-and-history/books/virtue/
 

Anhänge

Das Zeitalter der Dunkelheit (Teil 1) – Die Erschaffung der Welt

Die Geschichte Britannias (Ultima I)

Im flachen Land vor der Küste von Skara Brae war der erste Schnee pünktlich Anfang Dezember gekommen und hatte das feld- und waldreiche Land südlich der Stadt mit einer schützenden Schneedecke überzogen. Die Bauern nutzten nun die Zeit, ihr Arbeitsgerät in Ordnung zu bringen, während die Kinder am Nachmittag im Schnee herumgetollt waren. Hier und da fand sich ein Schneemann am Rand der Straße, die zu Lord Tehans Burg am Fuße der Berge führte, oder ein Engel, den die Mädchen in den weichen Tiefschnee gedrückt hatten.
Am einem mit Eisblumen überzogenen Fenster, die zur Bibliothek der Burg gehörte stand eine junge Frau in der geheizten Stube und blickte in die in sauberes Weiß getauchte Welt hinaus. Leiser Schneefall hatte mit der nun aufkommenden Dämmerung eingesetzt, und Kalifa, die vor einigen Tagen aus dem warmen Süden wieder zu Besuch auf der väterlichen Burg war, blickte fasziniert den immer dicker werdenden Flocken nach, die nun langsam unten schwebten und irgendwann irgendwo liegenblieben. Dick lag der Schnee nun auf den Dächern der Häuser, auf den großen Feldern und auf den Ästen der Tannen und Kiefern im nahen Wald, die sich unter der Last bereits gewaltig nach unten bogen. Draußen war es nun still geworden. Und dank des Schnees war die lange Finsternis, die nun einsetzte auch nicht mehr ganz so dunkel, sondern es herrschte draußen eine eigenartige Helligkeit.
Vor ein paar Tagen hatte Lord Tehan alle Öfen in der Burg säubern lassen, und nun lag eine behagliche Wärme in der kleinen Bibliothek. In einer der Erkernischen bullerte das Feuer in einem hohen Kachelofen, und dann und wann vernahm man auch das Knistern und Knacken des Feuerholzes, das dort verbrannt wurde. Das Quietschen einer gußeisernen Tür lenkte den Kalifas Blick nun in das Innere des Raumes. Ruguru, der schwarze Diener ihres Vaters hatte diese geöffnet und schob nun einige Kohlen nach, die er mit einem Schürhaken noch etwas verteilte. Ihr Blick ging weiter durch den Raum. Im warmen Licht der Kerzen schimmerten die dicken, in leder gebundenen und mit Goldgravur verzierten Bücher sanft in dessen Licht. In einigen der Regale störten ein paar Lücken das sonst so ebenmässige Bild der Einbände. Lord Tehan besass eine gut sortierte Sammlung alter Folianten, die nun auf seinem Schreibtisch in der Nähe des Kachelofens zusammen mit einigen Bogen fein beschriebenes Büttenpapier dort lagen. Und dort sass auch der Lord, der sich gerade wieder einige Notizen aus einem der Folianten machte. Kalifa löste sich vom Fenster, ging auf den Schreibtisch zu und setzte sich dann auf eine Kante. Sie sah ihren Vater besorgt an.
„Wie lange willst du denn noch arbeiten, Vater? Du sitzt schon den ganzen Winter hier oben, und wälzt diese dicken Bücher hier durch. Mutter beschwert sich auch schon, dass sie nichts mehr von dir hat. Wonach suchst du denn eigentlich?“ Sie nahm einen der Bögen auf und begann nun zu lesen.
„Die Gelehrten stimmen sich heute darin überein, das es einmal eine Zeit gab, in der die Welt Sosarias noch nicht existent war, bevor sie sich aus dem Strömen der Ätherischen Leere, des „Etheral Voids“ gebildet haben muss…“, sie blickte wieder auf und zählte die Bogen durch, die bereits beschrieben waren.
„Das ist die Geschichte Britannias, die hier steht, Vater. Aber was willst du damit?“

Die Feder, die Lord Tehan in der Hand hatte, kratzte weiter ungerührt über das Papier. Er schrieb den Satz noch zuende, den er angefangen hatte, legte dann die Feder sauber in einer hölzernen Schale ab, und lehnte sich dann zurück in seinen bequemen Armsessel. Er betrachtete seine Tochter einen Moment, dann aber zuckte sein Mund etwas und verzog sich zu einem amüsierten Lächeln.
„Ich suche nach der Wahrheit, Kalifa, das ist es, was ich die ganze Zeit hier oben tue“, sagte er dann. Er reichte ihr dann den Brief, den er vom König im Herbst erhalten hatte.
„Lies selbst. Seine Majestät Blackthorn erbittet für Westcliff göttlichen Beistand, bevor er seine Baumeister loschickt, das Banner der Stadt zu errichten und die Schenkung öffentlich zu beurkunden. Der Mann hat wirklich Nerven, wo doch jedes Kind hier weiß, das Lord British nur das System der ultimativen Weisheit eingeführt hat, aber in dem Sinne keine Götter. Ich versuche nur herauszufinden, ob die Geschichte hier nicht doch irgendwas übersehen hat, weißt du…“
Kalifa blickte mit leicht gerunzelter Stirn von dem Brief auf und straffte sich dann etwas. Sie konnte irgendwie nicht recht glauben, was sie da eben gelesen hatte. Dieser König war ihr ja schon immer etwas unheimlich gewesen, aber nun wurde es richtig ungeheuerlich. Sie fühlte, wie ihre Kehle trocken vor Ärger wurde, weil sie damit nicht gerechnet hatte, und versuchte diesen mit einen kurzen Räuspern wieder zu verscheuchen. Gespannt, aber auch mit einer gewissen Skepsis sah sie ihren Vater an.
„Und.. hast du denn was gefunden, was uns hier weiterhelfen wird?“ Lord Tehan nickte kurz. Er nahm Kalifa den Brief wieder aus der Hand und wies mit der anderen zu einer kleinen Sitzgruppe, die sich in der Nische mit dem Kachelofen befand.
„Ja, habe ich. Lass uns eben dort rübergehen, dann erfährst du alles Weitere. Das was ich dir jetzt erzählen werde, wird etwas länger dauern. Und bedenke nur eines im Moment“, als Kalifa fragend schaute, fuhr er fort, „ ich bin erst am Anfang meiner Ermittlungen.“

Während Kalifa sich mit einer Decke in eine Ecke des kleinen Sofas kuschelte, klemmte sich der der Lord einen der Folianten unter dem Arm und ging, die bereits beschriebenen Notizen in den Händen haltend hinüber zu seinem Armsessel, der sich ebenso in der kleinen Nische befand. Er legte beides auf einen kleinen Tisch ab, setzte sich in bequemer Haltung in seinen gemütlichen Sessel und legte sich eine Decke über die Beine.
„Wie schon gesagt, am Anfang der Geschichte stand das Nichts, das Land war nicht existent, es gab nur den Etheral Void, die Ätherische Leere“ fing Lord Tehan an zu erzählen.
„Irgendwann entstand Leben in dieser Leere. Zusammen mit unserer Heimatwelt bildeten sich zwei Monde - Felucca und Trammel - heraus, die unsere Welt seit Äonen umkreisen. Nach Endeckung weiterer Welten fügte man dann die anderen Monde, die du auch kennst, dazu – wie Ilshenar, Tokuno Islands und Ter Mur.“ Kalifa nickt leicht.
„ Die Geschichte setzt nun einige Millionen Jahre vor Exodus Fall an. Lange vor unserer Zeitrechnung gab es bereits eine blühende, menschliche Zivilisation auf der Welt, die wir heute als Britannia kennen. Damals lebte ein Wesen namens Zog. Zog hatte auf welche Art auch immer, das Vertrauen der Wisps gewonnen, die ihm, in der Hoffnung, er wäre weise genug die Konsequenzen eines Zauberspruches abzuschätzen, den alles vernichtenden „Armageddon-Spruch“ gaben.“
„Vas Kal An Mani In Corp Hur Tym! “ Kalifa flüsterte es bedächtig, und so leise als ob sie fürchtete, es würde erneut die Welt in sich zusammenfallen. Tehan lächelte.
„Richtig, genau diesen. Zog sprach ihn aus und vernichtete damit alles Leben. Das Wissen um die Völker, die damals lebten, ihre Geschichte und selbst der Name dieser antiken Welt gingen auf immer verloren. Es sollte Millionen von Jahren dauern, bis sich das Leben davon erholte und wieder neu entstand.“
Kalifa’s Blick fiel auf eine kurze Randnotiz, die Tehan auf einer Seite des dicken Folianten gemacht hatte. Es war so fein geschrieben, dass die junge Frau einige Mühe hatte, es zu entziffern.
„Vorzeitliche Liturgie der Wahrheit“, kam es dann stockend, “was soll das sein Vater? Davon habe ich noch nie etwas von gehört.“
Lord Tehan sah auf die Notiz, wo Kalifa ihren Finger hingelegt hatte. Er schmunzelte leicht und zuckte kurz mit den Schultern.
„Ach das, ja…hm…“, Tehan überlegt kurz, dann lächelte er amüsiert.
„Weisst du, Kalifa, ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich bin mir auch noch nicht sicher, ob es wirklich zur Geschichte unserer Welt gehört, mein Kind. Diese Abschrift lag vermutlich schon jahrelang in einer der Folianten. Ich habe sie auch erst vor kurzem entdeckt. Es klingt für mich noch ziemlich konfus. Der Schreiber, ein Prophet namens Alizakarnon spricht hier von einem Kult, der sich so genannt hat – „Ancient Liturgy of Truth“. In einem anderen Buch ist auch die Rede von einer Insel namens Ambrosia, die von „Steinen aus dem Himmel“ in Stücke geschlagen und dabei völlig zerstört wurde. Nun, von einer solchen Insel habe ich ebensowenig gehört. Was allerdings stimmt, ist das man die Zyklopen, eine Rasse, die schon lange vor den Menschen auf Sosaria gelebt haben, in den Untergrund getrieben hatte.“ Er winkte kurz ab.
„Kommen wir zum Wichtigeren zurück, zu dem was alle der Chronisten hier erwähnen.“

Kalifa nickte leicht und schaute ihren Vater dann gespannt an. Lord Tehan fort dann fort:
„Das Land Sosaria entstand also neu, und schon bald darauf wurde ein Königreich mit dem Namen Britannia gegründet. Damals gab es in diesem Königreich kaum mehr als eine Ansammlung kriegerisch gesinnter Stadtstaaten und feudaler Lehnsgüter, worunter vor allem die Landbevölkerung stark drunter litt.“
„Irgendwie ist das nichts Neues“, merkte Kalifa fast gelangweilt an. Lord Tehan blickte seine Tochter, bemüht, nicht laut herauszulachen. Er biss sich heftig auf die Unterlippe und schaute sie erwartungsvoll an.
„Naja…“, meinte sie dann mit einer vagen Handbewegung.
„Irgendwer, der sich für toll hält, meint doch immer, er müsse den großen Unterdrücker spielen. Und solange es solche – verzeih meinen Ausdruck – Spinner gibt, wird’s das auch noch in tausend Jahren nach uns geben.“
„Du hälst also Lord British auch für so einen Spinner?“
Lord Tehan blickte seine Tochter nun gespannt an. Kalifa blickte fest und unerschrocken zurück, zögerte aber erst mit der Antwort.
„J...ein…, Vater! Zum einen – ich kenne Lord British nicht. Hat sich mir noch nicht vorgestellt und wird es wohl auch nie, dazu bin ich zu unbedeutend. Zum anderen denke ich, dass jemand, der sich als König Gedanken um sein Land gemacht hat … ich meine, wirklich Gedanken um sein Land gemacht hat, den kann man nicht als Spinner abtun. Aber du brauchst doch nur mal in den Süden schauen, wo dieser Möchtegerne Adlige einen auf Fürsten macht, du weißt schon von wem ich rede…“
Tehan nickte.
„Ja, der ist nicht ein Deut besser, aber lass uns zum Thema zurückkommen.“ Tehan sammelte sich kurz, um den Faden wieder aufzunehmen, dann sprach er weiter.
„Es war also das Zeitalter der Dunkelheit, einer großen Finsterniss, die nicht umsonst so hieß, denn das Land stand im Zeichen von Terror und dunkler Machenschaften. Ein Mann namens Wolfgang, ein großer Zauberer wurde geboren, der später als König über eine Region herrschte, die man Akalabeth nannte. Ihm wurden zwei Söhne geboren. Die Chroniken sagen nichts über den ältesten der beiden Söhne, aber der jüngste Sohn, Mondain, der sich wie sein Vater sehr für die arkanen Künste interessierte und erlernte, sollte später eine tragische Rolle spielen.
Der junge Mann war ein launischer Mensch, der zu plötzlichen Wutausbrüchen neigte. Er ging in den Wald jagen, erlegte die Tiere mit einem Messer und lies diese dann dort liegen und verrotten, ohne das Fleisch zu verwenden. Wolfgang sein Vater missbilligte dieses Verhalten sehr, machte es dem alten Mann doch klar, das sich sein Sohn auf diese Weise stark und als Herr über Leben und Tod fühlte. Als der Junge fünfzehn Jahre alt wurde, handelte sein Vater und steckte den Jungen für ein Jahr in ein Kloster, wo dieser Mitgefühl und Bescheidenheit erlernen sollte. Als Belohnung dafür, wenn er es schaffte, auf diese Weise ein Jahr mit der Ausübung jeglicher Magie zu pausieren, würde Wolfgang seinem Sohn einen mächtigen Rubin schenken, der die Kraft der Sonne nutzt.“

Lord Tehan machte eine kurze Pause, nahm eine kristallende Karaffe zur Hand, entkorkte diese und goß sich Wein in eine ebenfalls kostbar geschliffene Kristallschale ein. Er führte die Schale zum Mund, trank einen Schluck und verharrte in Stillschweigen. Kalifa blickte besorgt ihren Vater an. Lord Tehan sah nachdenklich und müde aus, und es war ihm nun anzusehen, dass er wieder einen zu langen Tag mit Grübeln und Foliantenwälzerei verbracht hatte. Kalifa legte ihm sanft die Hand auf den Arm. Tehan blickte auf.
„Das war ein langer Tag Vater. Vielleicht möchtest du dich nun gerne hinlegen? Lass uns doch morgen weitermachen.“
Lord Tehan winkte ab.
„Lieb von dir, das du dich sorgst, aber ich möchte noch nicht ins Bett. Ich habe eben nur nachgedacht.“
"Worüber? Was meinst du, Vater?“
„Nun darüber, das sich an diesem Punkt die Chonisten wohl nicht ganz einig sind, was wirklich geschehen ist. Schau hier…“, Lord Tehan zeigte auf den dicken Folianten auf dem Tisch.
„Hier wird gesagt, dass der rote Rubin, das Zeichen der Könige von Akalabeth das Geheimnis der Unsterblichkeit trägt. Da Wolfgang fürchtete, sein Sohn könne diese Macht missbrauchen, ließ er ihn darüber in Unkenntnis. Da er sich zudem weigerte, dieses dieses Geheimnis mit Mondain zu teilen, gerieten beide in einem furchtbaren Streit, in dem der Vater sein Leben lies. Erst nach dem Tod des Vaters habe Mondain dann entdeckt, das es der Rubin war, der den Schlüssel zur Unsterblichkeit barg.“ Der Lord zeigte nun auf ein anderes Buch, das noch auf seinen Schreibtisch lag. .
„In dem Buch auf meinen Schreibtisch steht etwas anderes. Der rote Edelstein hatte die Kraft der Sonne inne. Mondain, von Gier zerfressen den Stein zu besitzen, tötete seinen Vater und nahm den Stein an sich. Dann aber, geplagt vom schlechten Gewissen und aus Furcht davor, dass es nun zu einer gerichtlichen Verfolgung kommen würde, verband Mondain nun seine Magie mit den Kräften des roten Steines und verwendete dessen Magie so lange gegen sich selbst, bis der Stein schwarz wurde und eine Magie entwickelte, die ihm, Mondain nun zur Unsterblichkeit verhalf. Dies war die Geburt des „Gem of Immortability“ – dem Stein der Unsterblichkeit. Nun … ja…, wie auch immer…“
Tehan lehnte sich wieder zurück.
„Ungefähr zur selben Zeit fand auf einem Planeten namens Erde ein anderer junger Mann ein silberners Amulett in Schlangenform. Als er es dann berührte, tat sich ein im blauen Licht schimmerndes Mondtor auf, durch das er in unsere Welt treten konnte. Er traf dort einen Waldäufer mit Namen Shamino, mit dem ihn bald eine tiefe Freundschaft verband. Von Shamino bekam er seinen Namen – British. British wurde ein Pendler beider Welten, er reiste viel und brachte auch bald seine engsten Freunde von der Erde mit, Iolo und Dupre, die heute auch fast jeder hier kennt. Über die Jahre hinweg erwies sich genau dieser Mensch durch seine Taten als weiser und tapferer Mann, und da der Respekt vor ihm im Laufe der Zeit größer geworden war, wurde zum Führer einer der Ländereien in Sosaria ernannt.“

Seine Stimme war etwas heiser geworden vom Sprechen. Kalifa reichte ihm dann die mit Wein gefüllte Kristallschale rüber, die er dankbar entgegennahm. Nachdem er ein paar Schlucke getrunken hatte und merkte, dass seine Stimme wieder kam, fuhr er dann fort.
„Mondain besass nun die Macht dieses magischen Edelsteines. Die Zeit ging ins Land, und die nun bösartigen Kräfte hatten ihn bald völlig verändert. Der Stein verhalf ihm zu mehr Kontrolle über die Kreaturen der Finsternis, und seine böse Magie richtete er nun gegen die Fürstentümer Sosarias, um die Gegner, die sich ihm entgegenstellten zu vernichten. Frei nach dem Motto „Wo sich Güte sammelt, da muss auch Bosheit sein“. Er überzog das Land mit eigens von ihm geschaffenene Monsterarmeen, um Macht und Einfluss zu gewinnen und experimentierte in übelster Form in seinem dunklen Laboratiorium herum, in dem er Menschen mit Tieren kreuzte, um den „ultimativen“ Soldaten zu schaffen. Das Ergebnis kennen wir heute zum Beispiel als sogenannte Echsenmensch oder Minotauren, Orks und Goblins. Wie auch immer – das Land stand unter seinem Terrorregime und wurde verwüstet, und ein Königreich der Dunkelheit heraufbeschworen.
Mondain forderte auch British heraus, der zu diesem Zeitpunkt Herrscher über das ihm benannte Land Briannia war, und drohte ihm Vernichtung an, aber British gelang es, den Magier aus seinem Winkel Sosarias zu vertreiben. In einer wahrhaft epischen Schlacht tief im Labyrinth der Dungeons wurde Mondain von dem jungen britischen „Champion des weißen Lichts“, wie British auch noch genannt wurde geschlagen und aus seinem eigenen Königreich Akalabeth vertrieben. Man verlieh British nun des Titel eines Lords sowie den Beinamen „Beschützer von Akalabeth“. Mehrere Helden traten in die Dienste von Lord British, befreiten das übrige Land und alle seine Kontinente Land von den herumstreifenden Monstern und wurden daraufhin zu Rittern ernannt. Shamino , sein Freund bekam ein eigenes Königreich in den Ländereien der „Lands of Danger an Despair“, so genannt, weil Gefahr und Verzweiflung darin wohnten.
Wegen der Gefahr, die die Nutzung von Magie mit sich brachte, wurde diese von dem neuen Herrschen von Sosaria nun verboten und geächtet.“ Lord Tehan machte eine kurze Pause, in der er wieder einen Schluck Wein trank.
„Aber Mondain hatte diese schmachvolle Niederlage nicht vergessen. Dank der Magie des Ringes rief er nun die schrecklichsten und bösesten Kreaturen des gesamten Universiums zusammen, die erneut das Land mit beispielloser Grausamkei überrannten. Und selbst Lord British's Armeen schienen allmählich von den Monsterhorden Mondains erdrückt zu werden. In seiner Verzweiflung rief er nach einem Helden, um das Reich zu verteidigen. Und hier kommt nun der „Fremde aus einem anderen Land“, der Avatar ins Spiel.“
Kalifa schaute überrascht auf.
„Ähm.. wie jetzt?“, fragte sie verblüfft, „ ich dachte der wäre schon lange da?“ Lord Tehan schüttelte den Kopf.
„Nein, der Avatar kam erst viel später. Dieser gerufene Held, den man später den Reisenden nennen sollte, sollte also der Retter der sosarischen Welt werden. Wie einst British erschien er durch ein blaues Lichttor und bot dem Lord seine Unterstützung im Kampf gegen Mondain an. Mit vereinten Kräften gelang es beiden schließlich, bis in die Gemächer Mondains in seinem geheimen Versteck vorzudringen und den Magier herauszufordern. Diesem Fremden aus der anderen Welt verdanken wir es, dass Mondains zerstörerischem Wesen ein Ende bereitet und der Zauberer selbst zur Strecke gebracht wurde. Der Edelstein der Unsterblichkeit, an dem Mondain seine Seele gebunden hatte, wurde zerschmettert. Mondain starb und die Gefahr schien gebannt. Von dem Reisenden, dem Fremden der anderen Welt wurde nichts mehr gefunden, er schien einfach verschwunden.“
„Man hat nie wieder etwas von ihm gehört?“ fragte Kalifa nach. Lord Tehan lächelte müde und unterdrückte ein herzhaftes Gähnen.
„Man rief in späteren Zeiten noch mal nach ihm, aber das ist eine andere Geschichte. Viel bedeutendender ist das Ergebnis dieser Heldentat, da sie bis heute Bestand hat. Mondain hatte nicht nur sein Leben an den magischen Stein gekoppelt, sondern auch das Schicksal Sosarias. Das Land hatte einst vier Kontinente, aber als das Land zerbrach, verschwanden drei davon und lösten sich auf. Nur Britannia, das Land das du heute kennst, blieb davon übrig. Manche sagen, diese Kontinente existieren noch, und nur eine mächtige Magie verhindert es, dass wir sie bereisen können. Darüber hinaus enstanden soviele Planeten aus den einzelnen Splittern, die eine Kopie unserer Welt sind. Wir leben heute nun auf dem Planeten Drachenfels, wie du weist. Es ist unter den Gelehrten und Weisen schon viel darüber diskutiert, ob eine Zerstörung des Steines nicht hätte verhindert werden können, aber das ist meiner Meinung nach ein Irrglaube, denn solange wie der Stein der Unsterblichkeit intakt gewesen wäre, wäre auch Mondain weiterhin unsterblich geblieben. Das Böse war aber damit nicht aus der Welt. Es gab Scherben, die nicht zu Planeten wurden und das Böse in sich noch gebunden hatten. Und es gab diese junge Geliebte, die auch sein Lehrling war und mit der er einen Nachkommen gezeugt hatte. Die Namen kennst du.“

Kalifa nickte still. Es war ihr anzusehen, dass es in ihr arbeitete. Sie hatte diese Geschichte schon ein dutzend Mal von vielen anderen gehört, aber nie so in dieser gesamten Komplexibilät, wie sie ihr Vater eben erzählt hatte. Sie wollte ihrem Vater gerade antworten, dass sie sehr wohl um die Namen der nächsten Bösewichte wusste, die das Land dann unter ihre Knute bringen wollten, hielt dann aber inne. Lord Tehan hatte den Kopf an eine der Stützen des Sessels gelegt und war eingeschlafen. Lächelnd stand sie nun auf, nahm die Decke von den Knien ihres Vaters und legte sie ihm hoch bis über die Schultern, damit er, sollte das Feuer ausgehen nicht fror.

Ihr Blick fiel dann wieder auf die Notizen, die ihr Vater bereits zusammengetragen hatte. Ihre Neugierde war nun gepackt. Was hatte ihr Vater wohl noch herausgefunden? Sie setzte sich mit den Bogen an den Schreibtisch und begann zu lesen…
 
Zuletzt bearbeitet:

Ena'Enyat

Diener
Cai’Leans Traum

Die Glocke rief zur Sext auf, dem Mittagsgottesdient, an dem sich dann das Mittagessen für alle im gemeinschaftlichen Refektorium anschloss. Es herrschte großer Andrang an der klostereigenen Brunnenkapelle, bis sich alle die Hände gewaschen hatten und still an seinen Platz getreten war, um dann leise für sich einen Psalm Königs David zu beten, bis Prior Pius sein Geläut beendet hatte und ebenfalls in dem großen Speisesaal eingetroffen war.
Cai’Lean, der man als Gast in der Abbey einen Platz auf einer der hinteren Bänke des Speisesaals bei den Nonnen gegeben hatte, ertrug mit stoischer Ruhe wie jeden Tag zu dem Mahlzeiten die scheinbar endlose latainische Litanei der Mönche und Nonnen. Im Wesentlichen unterschied sich hier nichts von ihrem eigenen keltischen Glauben, nur mit dem Unterschied, das man der Göttin nicht jeden Tag auf solch streng rituelle Weise huldigte. Sie verstand auch längst noch nicht alle latainischen Formeln. Diese Sprache war seltsam genug, hatte aber einen für ihr Ohr sehr einschmeichelnden und geheimnisvollen Klang, der tief in ihrem Inneren etwas ansprach, was sie nicht genau definieren konnte. Sie bewunderte Äbtissin Teresia, die neben ihr stand und die diese Litanei jeden Tag aus dem Stehgreif hersagen konnte, ohne ein einziges Mal zu stocken.

Als sich nach einer halben Stunde etwa dann alle neben ihr ein imaginäres Kreuz auf der Brust schlugen, auf ihre Plätze setzten und eine einfache Mahlzeit aus Brei, Hülsenfrüchten und Fisch aus der Küche aufgetragen wurde, zusammen mit einem gutem Pfund Schwarzbrot und einen halben Schoppen guten Weines, der mit Wasser vermischt wurde, kehrte Stille ein. Es wurde schweigend gegessen, und das leise Schmatzen einiger der älteren Mönche und Schwestern wurde übertönt durch die Stimme einer jungen Novizin, die in dieser Woche zur Vorleserin der Bibelstellen bestimmt war.

„Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: ein Weib, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone mit zwölf goldenen Sternen. Und sie war schwanger und schrie in Kindesnöten und hatte große Qual zur Geburt.
Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen; und sein Schwanz zog den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf daß, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße.
Und sie gebar einen Sohn, ein Knäblein, der alle Heiden sollte weiden mit eisernem Stabe. Und ihr Kind ward entrückt zu Gott und seinem Stuhl. Und das Weib entfloh in die Wüste, wo sie einen Ort hat, bereitet von Gott, daß sie daselbst ernährt würde tausend zweihundertundsechzig Tage.“ *


Die beschriebene Szene aus der Offenbarung des Johannes erinnerte Cai’Lean an den schon fast vergessenen Traum der vorletzten Nacht. Ihr wurde plötzlich übel. Sie würgte sehr heftig, und fast wäre der hölzerne Löffel mit einem lauten Scheppern in die Schüssel mit dem Brei gefallen, der vor ihr stand. Der Schrei den sie schon auf den Lippen hatte, erstarb unter dem erschrockenden Blicks Äbtissin Teresias zu einem leisem Röcheln. Ein Laut während des gemeinsamen Essens hätte unweigerlich eine Bestrafung nach sich gezogen. Wenn man Cai’Lean dafür nicht direkt bestrafen konnte, da sie der Glaubensgemeinschaft nicht angehörte, so hätte es mit Sicherheit jemanden anderes getroffen. Teresia hielt Cai’Leans Hand und drückte sie solange, bis sich diese wieder gefangen hatte und das Ende der Mahlzeit abzwartete, was ihr zu disem Zeitpunkt noch wie eine Ewigkeit vorkam. Cai’Lean fing sich nun wieder und nickte Teresia verstehend zu. Aber nach Essen war der älteren Frau nun nicht mehr zumute.

Endlich gab Prior Pius erneut mit einer Glocke das Zeichen zum Erheben. Während sich die anderen nun unter Absingen eines Psalmes paarweise zur Kirche zu einem Dankgebet aufmachten, hatte Teresia Cai’Lean am Arm genommen und abgewartet, bis die anderen an den beiden vorübergegangen waren.
„Cai’Lean…“ fing die Äbtissin an und ihre Stimme klang äußerst besorgt,
“du weißt, dass du, auch wenn du unserer Glaubensgemeinschaft nicht wirklich angehörst, doch immer wie eine Schwester für uns gewesen bist.“ Als Cai’Lean leicht daraufhin nickte, fuhr Teresia fort.
„Nun sehe ich seit einiger Zeit, dass dich etwas sehr niederdrückt, was mir Sorge macht, denn es bekümmert mich sehr, dich so betrübt zu sehen. Willst du mir nicht sagen was dich so sehr beschäftigt?“ Teresia wartete respektvoll ab, ob von Cai’Lean eine Antwort kam, aber es kam nichts zurück. Sie sah die Priesterin an, die sichtlich mit sich rang, nahm dann ihre Hand und drückte sie wieder leicht.
„Cai…du musst nicht darüber sprechen, wenn du nicht willst“ sagte Teresia dann,
„aber ich habe gegen dich, dass du Isebel duldest, diese Frau die sagt, sie sei eine Prophetin und lehrt und verführt meine Knechte, ~~~~rei zu treiben und Götzenopfer zu essen" ** entfuhr es ihr im selben Atemzug sehr ungeduldig und schlug sich gleich danach beschämt auf dem Mund, als Cai’Lean sie überrascht anschaute.
„Gütiger Himmel… Teresia… solche Worte aus deinen Mund! Von wem redest du denn? Wer ist Isebel?“ entfuhr der Priesterin dann. Äbtissin Teresia sah sie ernst an.
„Eine falsche Prophetin aus der Bibel in der Stadt Thyatira, die dort eine sehr hohe soziale Stellung gehabt hat und auf der subtilsten und gefährlichsten Art die christliche Gemeinde dort in Versuchung geführt hat, sie verführt und in gefährliche Richtungen lenkte. Aber der Glaube und Dienst zu dem Herrn, unseren Gott und die Standhaftigkeit seiner Diener haben sie ins Verderben geführt und die Allgegenwart, Allwissenheit und Allmächtigkeit des Herrn Jesu Christi nur allzu deutlich gemacht.“ Sie schwieg für einen Moment.
„Es ist nicht das erste Mal, das dir deine Göttin ein Zeichen gibt und dir einen Blick in die Zukunft gewährt. Und du sprichst nicht darüber, um uns nicht zu gefährden. Aber bedenke, dass es immer mehr Menschen gibt, die diese Gabe nicht als Gottesgeschenk erachten werden, sondern als Werk des Teufels. Und wenn dieses nach außen, außerhalb von Yew an die falschen Leute gerät, können wir dich nicht mehr hier schützen.“
Cai’Lean schluckte schwer. Sie zitterte am ganzen Körper, als wenn ihr etwas stark zusetzte und sah Teresia noch voller Angst und Zweifel an. Dann ging ein Ruck durch ihren Körper und sie straffte sich.
„Ich habe es gesehen. In meinen Traum.“
„Was genau hast du gesehen?“ fragte Teresia voller dunkler Ahnungen. Cai’Lean sprach dann weiter.
„Einen Ort auf der Erde weit in der fernen Vergangenheit, unheilvoll, drohend im Fluss der Zeit. Eine große, fast kreisrunde Insel in deren Mitte die Zitadelle einer Frau mit großer Zauberkunst. Davor eine Reihe von Toren, unberührt, in einem gebirgigen Tal, und ein Ozean umgibt den Ort. Die Luft stöhnt und vibriert vor Magie und trägt eine klagende Stimme heran. Ein Gedicht – so wunderschön….“
Cai’Lean machte für eine kleine Pause, als versuche sie sich an die genauen Worte zu erinnern, und sprach dann unvermittelt weiter.

„Durch Dunkelheit und Verzweiflung
Das Land war kahl
Auf der Suche nach dir, Mondain
Ach, aber vergeblich
Meine Seele und mein Herz
Von Amors Pfeil durchbohrt
Wird nie heilen
Ohne Mondains Willen
Die Liebe ist ein wüstes Land
Es sei denn, Du, Mondain
Nimmst mich an der Hand
Um deiner Jugend Brunnen“


„Die Dunkle Herrin? Minax?“ fragte Teresia nun erschrocken und bekreuzigte sich rasch.
„Die Grenzen zwischen Gut und Böse schwinden dahin, Vergangenheit und Zukunft verschwimmen ineinander. Die Tore sind wurden geöffnet. Die Zeit vor der Zeit, von Kreaturen der Mythen bevölkert. Die Drachen kommen mit der Herrin der Dunkelheit. Und die Zeit der Legenden erwacht zu neuem Leben.“

Teresia lehnte sich nun entsetzt für einen Augenblick an die kühle Wand im Refektorium. Erst gestern hatte ihr Abt Severus anvertraut, das auch er einen schrecklichen Albtraum erlebt hatte. Teresia war sich sicher, das diese Träume nicht umsonst gekommen waren. Dann, wie ein gehetztes Tier sah sie sich um, vergewisserte sich, das niemand das eben Gesprochene gehört hatte, fasste Cai’Lean hart am Arm und zog sie in den dunklen Gang neben dem Refektorium, der zu ihrer eigenen kleinen Amtsstube führte.

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* Die Offenbarung des Johannes, Kap.12, 1-6, Die Frau und der Drache - Wandteppiche von Angers
** Die Offenbarung des Johannes, Kap.2, 20 - Also ... ich war's nicht, wenn hier die Forums-Engine an einem Wort rumeckert, es steht wortwörtlich so da im Buch der Bücher *G*. Wer's net glaubt kann den kompletten Satz dort gerne nachlesen.
 
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Spuren im Schnee

Am Abend hatte die Kraft des Sturmes nachgelassen, und nach einem letzten kreischenden Aufbäumen erlosch das Gejaule des Windes so plötzlich, das die nachfolgende Stille noch mehr in den Ohren dröhnte. Anstelle von tobenden Sturmböen überzog nun ein Vorhang aus glitzerndem weißen Schneestaubes die winterliche Welt, der zu Boden rieselte und den Blick freigab auf ein wahrhaft erhabenes Panorama. Cahen war kurz nach Ende des Sturmes von Yew aus aufgebrochen, um noch vor der Nacht den Hof von Raik Ulfarsen zu erreichen, der am anderen Ende einer langen Bucht lag. Der Himmel war nun wolkenfrei und ein hell strahlender Mond schickte sich an, seine tägliche Bahn über den Himmel zu ziehen. Vor ihm erhoben sich die Berge der Peaks of Disgrace so wie er es in Erinnerung hatte, aber ungleich höher – eine zerklüftete, silberfarbene Wand, die sich zum Himmel hoch und noch darüber hinaus reckte. Cahen stand auf einem kleinen erhöhten Plateau und blickte auf die vor ihm liegende gewaltige Ebene von Yew hinunter, deren tief verschneite Fläche nur unterbrochen wurde durch die dunkleren Schatten der Wälder um die einzelnen Gehöfte der Bauern.
Ein dünner, wie mit einem scharfen Gegenstand gezogener Strich trennte den Himmel von der Erde und ein Licht zog am Horizont herauf, das sich zunächst in einem schmalen Band über den Himmel schlängelte, dann aber an Stärke und Farbintensität zunahm und schon bald in einem geheimnisvollen Grün über den ganzen Himmel pulsierte. Cahen schaute gebannt auf das Naturschauspiel, das das Nordlicht ihm bot, als er dann durch die Stille einen Schrei hörte. Er lauschte noch einmal mit geschlossenen Augen, um die Richtung herauszufinden, aus der er gekommen war, aber der Schrei war zu schnell verstummt. Gerade, als Cahen seinen Weg wieder aufnehmen wollte, wiederholte sich der Schrei, der in seinen Ohren heiser und verzeifelt klang. Er setzte mit schnellen Schritten seinen Weg von dem Plateau fort in die Richtung, aus der er den Schrei geortet hatte.
Als er den Waldrand wieder erreichte, wurde das Weiterkommen schlimmer. So dürr und blattlos dieser Wald nun im Winter war, hatte sich der Schnee dort trotz des Sturmes zu einer mehr als mannshohen Düne aufgetürmt, die zu überwinden sich als ungleich schwerer erwies. Der Schnee war auf eigentümliche Art hier viel kälter, und so locker, dass er fast augenblicklich bis über die Hüften darin verschwand. Als es ihm endlich gelang, das Hindernis doch noch zu übersteigen, stolperte er plötzlich über einen Kadaver, der aus dem Schnee herausragte.

Wütend über seine eigene Ungeschicklichkeit, richtete Cahen sich nun auf und spuckte einen Mundvoll Schnee aus. Er sah sich danach um, was ihn zu Fall gebracht hatte. Der Kadaver gehörte einem alten Klepper, dessen nun zerfetzter Körper über und über mit gefroreren Blut und mit schrecklichen Wunden bedeckt war. Manche sahen aus wie tiefe Messerstiche, und an vielen Stellen waren große Fleischstücke einfach aus dem ausgemergelten Körper herausgerissen worden. Das Fleisch dampfte noch in der Kälte, und die tiefsten der furchtbaren Wunden bluteten noch, auch wenn das schmale Rinnsal Blut in der eisigen Kälte fast augenblicklich zu Eis gefror. Cahen erschauderte nun. So wie der Kadaver zugerichtet war, konnten das nur hungrige Wölfe getan haben.
Er rappelte sich nun hoch aus dem Schnee, vergewisserte sich, dass sein Messer noch in seinem Gürtel steckte und brachte seinen Bogen in Angriffstellung. Dann ging er weiter. Nach einigen Schritten hinter einer weiteren Schneewehe lag auf ein auf die Seite gestürzter Wagen im pulverigen Schnee. An der verdrehten Deichsel hing ein zweiter Pferdekadaver mit gebrochenem Genick in den ringsherum durch vom Blut rot verfärbten Schneematsch. Der Wagen selbst war völlig zerstört, die Räder zersplittert und die über ein Gestell geworfene Plane vollkommen zerfetzt. Was immer der Wagen transportiert hatte, lag im einen größeren Kreis um ihn herum im Schnee vertreut. Während Cahen sich Gedanken darüber machte, wem die Sachen wohl gehörten, ließ ihm ein plötzliches Gefühl von Gefahr gerade noch rechtzeitig herumfahren.

Die zuschnappenden Kiefer eines Wolfes verfehlten seine Hand nur um Haaresbreite, und Cahen zog rasch sein Messer, während er sich unter dem springenden Tier wegduckte und zu Boden stürzte. Schwer fiel das Tier in den Schnee, rollte einige Male um sich selbst und stieß dann schmerzhaft gegen einen Felsen, der sich unter dem Schnee verborgen hatte.
Der Waldläufer versuchte nun schnell wieder auf die Füße zu kommen, was ihm aber auf dem rutschigen blutdurchtränkten Schneematsch nicht recht gelingen woltle. Zu seinem Glück hatte der Wolf aber die gleichen Schwierigkeiten, denn die Hinterläufe des Tieres rutschten im Schnee immer wieder weg und fanden keinen rechten Halt.
Es war ein außergewönliches großes Tier mit tückisch funkelnden Augen, in denen man eine Intelligenz erahnen konnte, die man wieder diesem noch irgendeinen anderen Tier zugestand. Zäher Speichel troff in langen Fäden von den Lefzen, hinter denen fast fingerlange, nadelspitze Zähne bleckten. Ein tiefes Grollen drang aus der Brust, und der Waldläufer konnte nun sehen, wie die Pfoten des Tieres unter dem Schnee nach festem Halt für einen weiteren Sprung suchten.
Cahen duckte sich dann, behielt aber dabei das Tier im Auge. Als es dann sprang, schnellte er hoch, als das Tier sich über ihn befand, umfasste dabei den dürren Leib und schleuderte das Tier, den Schwung des Sprunges dabei ausnutzend ins Innere des zertrümmerten Wagens, wo der Wolf dann mit einem eher überraschtem Aufjaulen liegen blieb.
Er konnte nur wenige Schritte durch den Schnee laufen, bis der Wolf erneut wieder vor ihm stand. Aber es war nicht derselbe Wolf. Dieses Tier war kleiner und hagerer, und das räudige Fall war von schwärenden Wunden übersäht. Und dieses Tier war nicht allein gekommen. Rechts und links hinter ihn tauchten noch zwei weitere größere Tiere aus dem Wald auf, und das keuchende Hecheln hinter ihm verriet nur allzu deutlich, das der erste Wolf inzwischen wieder auf die Beine gekommen war. Cahen blickte die Tiere der Reihe nach an. Er versuchte noch abzuschätzen, welche der Bestien ihn als Erstes angreifen gewürde, aber er wusste auch, dass er so oder so verloren hatte. Er würde sterben, und dies war ein Gedanke, der ihn eher mit Trauer als mit Furcht erfüllte. Er hatte einfach das Gefühl, dass das Leben für ihn noch mehr bereit gehabt hätte als die momentane Kälte, die Schmerzen und Angst. Seine Augen blitzten kurz auf, und trotzig verzog er die Lippen. Er würde nun sterben, aber er würde es nicht allein tun. Mindestens eine dieser Bestie würde noch mit dran glauben müssen.

Als Cahen nun dachte, seine letzte Minute, die er zu leben hatte, wäre nun angebrochen, wichen die Wölfe vor ihm zurück. Aus dem Wald tauchte plötzlich ein fünfter Wolf auf. Ein wahrer Riese, fast doppelt so groß wie ein normaler Wolf und von schneeweißer Farbe. Cahen wusste sofort, das es der Anführer des Rudels war. Während der weiße Riesenwolf mit einem sonderbar tiefen Knurren , der wohl weit mehr war als ein einfacher Drohlaut immer näher kam, wich der Rest des Rudel in angespannter Haltung und mit zurückgelegten Ohren immer mehr vor ihm zurück, die Lefzen dabei weit nach oben gezogen, so das ihre furchtbaren Reißzähne sichtbar wurden. Der weiße Wolf kam noch näher heran, betrachtete den Waldläufer nun aus seinen wilden Augen, schnüffelte kurz an ihn und knurrte dann ein letztes Mal. Dann wandte er sich um und zog sich so plötzlich zusammen mit seinen Rudel zurück, wie es aufgetaucht war.
Ein plötzlicher Windstoß kam auf, und so eisig, das sein eigener Atem auf den Lippen gefror. Als sich der hochgewirbelte Schnee dann wieder legte, waren nicht nur die Wölfe verschwunden, sondern auch alle Spuren im Schnee. Fast schien es so, als hätte es sie nicht wirklich gegegben.
Cahen erhob sich nun wieder, nachdem der Schreck, der ihm in die Glieder gefahren war, nachgelassen hatte. Er machte ein paar Schritte, brach aber dann durch etwas, was unter dem Schnee verborgen gewesen war und nun unter seinem Gewicht nachgab. Fluchend glitt er tiefer, trat dann auf etwas Weiches und glaubte nun wieder einen gedämpften Schrei zu hören. Er horchte noch mal, aber sein Blut rauschte durch das Erlebnis mit den Wölfen noch zu sehr in seinen Ohren. Er warf den Gedanken wieder weg, befreite sich mit einer wütenden Bewegung aus der misslichen Lage und bahnte sich weiter durch den Schnee. Ein leises Wimmern, das er nun erneut zu hören glaubte, ließ ihn wieder nach hinten blicken. Er war sich jetzt sicher, dass er nicht mehr allein war.

Eine kleine, weiße Hand ragte aus der Stelle empor, an der zuerst eingebrochen war. Rasch ging er zurück, umschloss das zarte Handgelenk mit einem festen Griff und zog dann den dazugehörigen Körper mit Schwung aus dem Schnee heraus. Er verlor den Halt, und erst als er rücklings im Schnee liegen blieb, erkannte er das er ein kleines Mädchen auf sich liegen hatte, das ihn zunächst erstaunt ansah, dann aber noch unter Schock und Angst stehend, ihre kleinen Fäuste auf seine Brust trommelte und nun versuchte ihn zu kratzen und zu beißen. Um sich selbst zu schützen, stieß Cahen sie erst weg, setzte sich dann auf, packte sie mit beiden Händen und rüttelte sie ordentlich durch.Sie schrie erneut auf, und Cahen sah nun, das sie am Arm verletzt war, was sie aber nicht daran hinderte, sich immer weiter zu wehren.
„Hör auf damit!“ brüllte er dann los, da ihn das Durchrütteln mittlerweile auch ziemlich anstrengte.
„Hör damit auf, und ich höre auf dir wehzutun, einverstanden?“ Cahen bekam keine Antwort. Er spürte jetzt, wie der Widerstand der Kleinen nun schlagartig erlahmte und sie in seinen Armen in sich zusammensackte, da sie offenbar keine Kraft mehr hatte. Seine steif gefrorenen Finger lockerten nun den Griff, und er legte sie nun vorsichtig in den Schnee.
„Schon gut, hab keine Angst mehr, hörst du?“ flüsterte er.
„Ich tu dir nichts mehr weiter. Wie heißt du?“
„Aaltje. Aaltje heißt sie.“ Cahen fuhr herum und blickte auf eine ältere Frau, die sehr viel Ähnlichkeit mit dem Mädchen hatte. Er brauchte nicht zu fragen, um sich sicher zu sein, das die Kleine hier in seinen Armen die Tochter dieser Frau war.
„Und wenn du sie nochmal anfasst, töte ich dich.“ Die Worte klangen bitter ernst. Sie war kaum einen Schritt hinter ihm aus diesem Schneeloch gekrochen, und sie war anscheinend kräftiger als er angenommen hatte, denn ihre schmalen Hände umfassten den langen Stiel einer beidseitigen Axt. Sie wirkte entschlossen, und würde auf jeden Fall das was ihr an körperlicher Stärke fehlte durch den Mut der Verweiflung mehr als wettmachen.
„Ich habe nicht vor, deiner Tochter etwas anzutun“, sagte Cahen. Die Augen der Frau verengten sich zu schmalen Schlitzen.
„Meiner Tochter? Was mach dich da so sicher, das sie meine Tochter ist?“
„Ich bin nicht blind. Was war hier los? Seid ihr angegegriffen worden?“ Die Frage war so überflüssig wie ein Kropf am Hals. Cahen wusste das, aber er wollte nun wissen mit wem er es hier zu tun hatte. Die Frau löste dann ihren Blick von seinem Gesicht und blickte sich dann gehetzt um.
„Sind sie weg?“ fragte sie dann.
„Wer?“
„Die Wölfe, die hier rumstreunen. Wir haben versucht ihnen zu entkommen, aber der Wagen ist im Sturm umgestürzt.“
Cahen musste an die schrecklich zugerichteten Pferdekadaver denken, aber angesichts dessen was er kurz zuvor mit dem Rudel des weißen Wolfes erlebt hatte, war er sich jetzt nicht mal sicher, ob es tatsächilch reell gewesen war.
„Hier waren keine Wölfe. Ich wäre wohl kaum hier, wenn es hier welche gäbe.“ Cahen nickte zu der langen Axt hinüber, die sie immer noch fest umklammert in den Händen hielt.
„Steck die Waffe lieber weg, ich bin nicht dein Feind.“
„Mit wem redest du da, Svea?“ krächzte plötzlich eine weitere Stimme aus dem Schneeloch. Sie klang heiser und so, als hätte derjenige, dem sie gehörte große Mühe zu sprechen.
„Hier ist ein Mann, und er ist allein.“
„Was sucht er hier draußen?“
„Das weiß ich noch nicht, ich habe noch nicht gefragt.“ Svea, wie die Frau genannt wurde legte nun die lange Axt beiseite und bedeutete Cahen ihr zu folgen.
„Mein Mann liegt dort unten. Einer der Wölfe hat ihn angegriffen und verletzt, aber wir konnten uns in diese Senke retten, nachdem der Wagen über den Felsen gerutsch ist. Es ist ein Wunder, das uns diese hunrigen Bestien nicht gefunden haben. Unser Hof liegt nicht weit von hier hinter diesem kleinen Hügel. Bei gutem Wetter und fester Straße erreicht man ihn in gut einer Stunde von Yew aus. “ Svea zeigte nach Nordenwesten in Richtung der Küste. Cahen folgte der Richtung und stellte fest, das es auch die Richtung war, wo er den Ulfarschen Hof in Erinnerung hatte. Svea, die nun etwas mehr Vertrauen zu ihm gefasst hatte, sprach dann weiter.
„Wir waren mit dem Wagen unterwegs von Yew zurück dorthin, als der Sturm plötzlich wieder sehr heftig wurde. Die Pferde kamen nicht mehr gegen den Wind an und blieben einfach stehen. Unsere älteste Tochter ist dann vorausgeritten, um Hilfe von Hof zu holen. Ich hoffe, sie ist noch gut durchgekommen und kommt bald mit den Männern zurück. Alleine kann ich meinen Mann nicht aus der Senke holen.“
Cahen hatte sich währendessen erhoben und war vorsichtig, um den Mann nicht noch mehr zu verletzen, bereits hinunter in die Senke gerutscht. Dort lag ein bärtiger Mann in derber aber zweckmässiger Kleidung vor Schmerzen zusammengekrümmt. Sein rechter Oberschenkel war dort, wo sich der Wolf festgebissen und den Knochen gebrochen hatte, notdürftig mit einem zusammengedrehten Stück Stoff abgebunden. Er hatte die Augen geschlossen und hielt sich in einem halb bewusstlosen Zustand das ausgestreckte Bein, wohl um den furchtbaren Schmerz ein wenig abzumildern. Cahen rief die Frau herbei, die mit anfassen sollte, wenn er ihren Mann anhob, um diesen nach oben aus der Senke zu ziehen, aber das erwies sich leichter gesagt als getan, nicht weil der Mann zu schwer gewesen wäre, sondern weil er ihm nun unweigerlich noch mehr Schwerzen zufügen würde. Aber es half alles nichts. Wenn der Mann hier überleben sollte – und es war sicher, das die Wölfe bald wieder kommen würde, musste er es riskieren. Mit Svea’s Hilfe ging es auch recht gut, und bald lag der Mann oben in einer weichen Schneemolle.
Während sich Svea um ihrem Mann kümmerte, suchte Cahen den zerbrochenen Wagen nach brauchbareh Holzlatten ab, die er zu einer Art Trage zusammenbinden konnte.
Dann aber hörte man das Stampfen von Pferdehufen und lautes Schnauben, den Hügel heraufkommen, und ein Blick auf die Frau sagte Cahen, das es die Leute vom nahen Hof sein mussten.
„Hierhier Göran“ rief sie und winkte den ersten der Männer heran.
„Schnell, bevor er wieder aufwacht und den ganzen Wald vor Schmerzen zusammenbrüllt.“
„Kannst du nicht besser auf deinen Kerl aufpassen, Svea Ulfarsen? Wenn mein lieber Bruder in die Stadt geht, kommt nie was Gutes zurück.“ Der Mann stieg grinsend, mit leichtem Kopfschütteln von seinem Pferd runter und ging auf die drei im Schnee zu.
„Wie mutig wollte Raik schon wieder sein, he? Ich meine, dein Mann ist doch Bauer und kein Jäger oder Krieger – wie dieser stattliche Bursche hier.“ Göran Ulfarsen beugte sich nun herunter und betrachtete den Waldläufer nun genauer.

Göran… der Name rief etwas in Cahen wach, und auch Göran schien zu überlegen, wen er da vor sich hatte. Man sah ihm an, dass es hinter seiner Stirn arbeitete, und dann nach einer Weile zog ein breites Grinsen über das Gesicht. Auch Cahen konnte nun nicht mehr anders und grinste fröhlich zurück.
„Yoh …,“ kam es gedehnt aus Göran’s Mund und reichte dem Waldläufer eine Hand runter, „vielen Dank auch, das du meinen Bruder aus der Scheiße da unten rausgeholt hast. Und da du ja nun wieder da bist, kannst du auch gleich im Schweinestall weitermachen, wo du vor fünfzehn Jahren aufgehört hast, du fauler Sack!“ Göran lachte nun aus vollem Herzen laut heraus. Svea blickte überrascht und verwirrt hoch, als sich die beiden dann in den Armen lagen zwei alte Freunde und sich feste drückten.
„Göran? Hast du jetzt völlig den Verstand verloren? Wen umarmst du da eigentlich?“ kam es etwas fassungslos von der Frau.
„Dir ist genau der richtige Mann begegnet, Schwägerin“, und auf Svea’s fragendem Blick hin, sagte Göran dann,
„Darf ich dir vorstellen? Vor dir steht steht Cahen d’Anvers, Elises nichtsnutziger und einziger Sohn.“
 
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Ena'Enyat

Diener
Das Zeitalter der Dunkelheit (Teil 2) – Die Rache der Zauberin

Die Geschichte Britannias (Ultima II)

Der Weg zu Teresias Amtsstube verlief mitten durch das kleine Scriptorium der Nonnen. Während die noch immer leicht verwirrte Cai‘Lean sich in den großen Saal umsah, war die die ältere Nonne rasch hinüber zu einem Regal gegangen, das versteckt in einer dunklen Nische stand. Teresia hob ein dickeres, unscheinbares Buch heraus, klappte den Deckel auf, blätterte ein paar Seiten um und entnahm einen großen Schlüssel aus einem geheimen, in inneren des Buches ausgeschnittenen Viereck. Dann stellte sie das Buch wieder zurück, und winkte Cai‘Lean heran, in Teresias Amtszimmer zu folgen, das an das Scriptorium grenzte. Dort ging die Äbtissin eilends hinüber zu ihren Schreibpult, steckte den verborgenen geheimen Schlüssel vorne in ein gut verstecktes Schlüsselloch und drehte diesen um. Dann schob sie die Tischplatte beiseite. Zum Vorschein kam ein in kostbares Leder und Goldgravur gebundenes Buch. Teresia atmete schwer und tief durch.Sie hob den kostbaren Folianten heraus und legte ihn sorgsam auf ihrem Lesepult ab.Dann öffnete sie den Deckel und blätterte vorsichtig einige Seiten um. Dann stoppte sie plötzlich und sah auf. Sie blickte Cai‘Lean ernst an.
„Von diesem Buch wissen nur einige Eingeweihten in Königreich. Abt Severus sowie auch der König und einige der allerhöchsten Beamten des Landes. Was hier steht ist so unfassbar, so unglaublich, das uns klar wird, warum diese Berichte der höchsten Geheimhaltung unterliegen und nur unter dem Siegel allerhöchsten Verschwiegenheit geöffnet und weitergetragen werden. Es gäbe genug von diesen sogenannten „Aufgeklärten Gelehrten“, die diese Berichte als Teufelswerk betrachten würden.“

Der Blick der Äbtissin ging wieder zu den aufgeschlagenen Seiten des kostbaren Buches. Für einen Augenblick schien es, als widerstrebe es der älteren Nonne, das hier gesammelte Wissen preis zu geben, aber dann straffte sie sich.
„Wir wissen nicht sehr viel über Minax“ sagte Teresia dann und ihre Stimme klang ernst.
„Alles was wir bislang erfahren haben, wurde in diesem geheimen Buch gesammelt und niedergeschrieben. Diese schöne, aber über alle Maßen von Hass zerfressene, bösartige Zauberin ist seit dem Tod Mondains, ihres Geliebten und Mentors der Hauptfeind des Landes Britannia.“ Teresia blätterte dann ein paar Seiten weiter. Ihre Finger glitten die sorgfältig beschriebenen Seiten entlang, bis sie die Stelle fand, die sie so offensichtlich gesucht hatte.
„Es ist nichts darüber bekannt, wo und wann sie geboren wurde, aber da sie bereits als sehr kleines Kind mit drei Jahren in der Lage gewesen sein soll, Gegenstände nur mit der Kraft ihres Willens zu bewegen, galt sie als magiebegabtes Wunderkind mit Potenzial. Mondain wurde auf sie aufmerksam und nahm sie im Alter von elf Jahren bereitwillig in seine Lehre. Es ist ebenso unbekannt, wann die Romanze der beiden begann und Mondain das Mädchen zu seiner Geliebten gemacht hat, aber es bleibt unbestritten, das Minax damals noch sehr sehr jung gewesen sein muss. Sie war fast noch ein Kind, als der Fremde Held aus der anderen Welt den grausamen Magier tötete und den Stein der Unsterblichkeit zerstörte.“

Teresia machte eine kurze Pause, dann blätterte sie wieder vorsichtig einige der sorgfältig beschriebenen Seiten um. Als eine bemalte Seite mit einem grauen Mondtor erschien, fuhr sie fort zu erzählen.
„Nachdem Mondain bezwungen war, frohlockte das verwüstete Sosaria. Der Hexenmeister, der sich selbst unsterblich nannte, war durch die Hand des Fremden von der Erde besiegt worden und ein lange begehrter Frieden heilte allmählich die Wunden des Landes und deren Bewohner. Das gepeinigte Land atmete zunächst auf. Dennoch konnten diejenigen, die zu lange unter Mondains Joch gelitten hatten, nur schwer daran glauben, dass er wirklich tot und endgültig besiegt war. Nicht wenige sollten Recht behalten.
Kurz nach dem Tode Mondains erschienen plötzlich seltsame, nebelartige Portale, die dem wagemutigen Abenteurer Zutritt zu verschiedenen Zeitaltern gaben. Das Auftreten der Portale konnte man sich zunächst nicht erklären, aber mittlerweile sind sich die Wissenschaftler alle darüber einig, dass das Auftreten dieser Portale mit dem Tod Mondains im Zusammenhang steht. Die böse Macht, die der Zauberer in sich gesammelt hatte, war so gewaltig gewesen, das sein Tod auch die bisherigen physikalischen Naturgesetze, die bis dahin gegolten hatten, in große Aufruhr versetzt hatte. Als sich diese Turbulenzen dann endlich gelegt hatten, blieben die sogenannten Zeittore stehen, Korridore, die in anderen Räume und Zeiten führten.“

Die ältere Nonne machte nun eine kurze Sprechpause, wohl auch um kurz ihre Gedanken zu sammeln. Wie nebenbei schlug sie dabei erneut eine Seite des dicken Folianten um, auf den Cai‘Lean nun das Bild einer schwarzen Festung erkennen konnte. Äbtissin Teresia hatte ihre Erzählung unterdessen schon wieder aufgenommen.
„Die Lehren Mondains waren mit seinem Tod aber nicht verschwunden“, fuhr sie fort.
“Minax, Auszubildende und Liebhaberin von Mondain, hatte unbemerkt in Mondains Festung den Tod ihres Mentors überlebt. Niemand rechnete damit, dass das Böse nur noch stärker aufleben und der Terror von neuem beginnen sollte. Aufgrund ihrer Jugend wurde Minax von allen gewaltig unterschätzt. Die Fassungslosigkeit über den Tod des geliebten Mannes und Mentors hatten jegliches gute Gefühl in dem jungen Mädchen zerstört. Wut und Rachegedanken hatten sich in ihr nun dunkel gewordenes Herz gesetzt, und sie schwor, den Fremden aus der anderen Welt, den Reisenden, der vom der Erde gekommen mitsamt seiner Welt zu vernichten. Trauernd um den Verlust des Geliebten und mit gebrochenen Herzen ging Minax in den Untergrund. Auch der Stein der Unsterblichkeit war verloren, den sie erhofft hatte eines Tages zu erhalten.
Die Jahre vergingen, und Minax wuchs zu einer jungen, schönen Frau heran. Während sie weiter an sich arbeitete, steigerte sich ihr magisches Talent ins Unermessliche, das das ihres Mentors schon bald in den Schatten stellte und dessen Kenntnisse weit übertraf. Sie hatte sich über die Zeittore an einen Ort nahe dem Ursprung der Zeit, „Time of Legends“ genannt, zurückgezogen. Shadowguard, die Festung, von der sie nun aus agierte, wurde mittels der mächtigen Magie, die sie nun besaß, ins Zentrum dieses geheimnisvollen Ortes gesetzt.
Dort, im Schutze ihrer Festung, schmiedete Minax nun ihre Pläne, wie der Reisende, dessen Welt weit in einer anderen Sphäre weit außerhalb Sosarias lag, anzugreifen wäre. Sie züchtete heimlich eine Armee von Monströsitäten und bösartiger Kreaturen heran, und schon bald unterstanden ganze Legionen ihrem Befehl. Über die Zeittore wurden diese auf die Erde geschleust, die schon bald mit Unmengen bösartiger Kreaturen überflutet wurde. Die Menschen konnten sich dieser Massen nicht erwehren, zu stark waren die Übergriffe der Monsterhorden. Schon bald bekämpften sich diese gegenseitig, beeinflusst durch die böse Magie der Zauberin. Die Ausrottung des Planeten, der Erde genannt wurde schien nah und die Menschheit dem endgültigem Untergang geweiht.“

„Hm...“, machte Cai‘lean plötzlich, und Teresia blickte von den Buch auf. Sie blickte die Priesterin respektvoll an, und wartete darauf, dass diese von sich aus weiter sprach.
„Man könnte direkt Verständnis für das Handeln dieser Frau haben, wenn man es nicht besser wüsste“, sagte Cai‘Lean dann nachdenklich.
„Wer die Menschen gut genug kennt, weiß, dass jeder Mensch in sich weibliche und männliche Aspekte in sich trägt“, fuhr sie fort. "Unter den ihr gegebenen Umständen konnte Minax vermutlich nur so handeln, wie geschehen ist."
„Wie meinst du das, Cai'Lean?“
„Es ist schon seit einiger Zeit bekannt, das die weibliche Seite in jedem verantwortlich dafür ist, ob der Mensch nun liebt oder hasst. Man trifft auf ein Bild das die Seele von irgendjemanden hat, hier in Falle von Minax eben entweder das der idealen und einzigen Frau oder umgekehrt eben das einer absolut unerträgliche ~~~~*. Beide Reaktionen sind im gleichen Maße faszinierend und unwiderstehlich. In solchen Situationen geht die Tendenz meist dann dahin, dass die Menschen zu zwanghaften Handeln neigen, dass andere dann entweder in Ruhe lassen oder billigen. Wäre die Tatsache so einfach, das diese Frau entweder so wunderbar oder so schrecklich ist, könnten wir sie entweder so lieben oder so lassen wie sie ist. Aber wenn wir weder das eine noch das andere können, dann sind wir im Zauber dieses Archetypus gefangen.**
„Und du?“ entgegnete Teresia, und als Cai‘Lean sie dann fragend anschaute, formulierte sie ihre Frage anders.
„Ich meine, was ist mit dir? Kannst du sie lieben oder hassen?“
Cai‘Lean überlegte einen kleinen Moment, dann schüttelte sie den Kopf.
„Weder noch“ sagte sie, „aber auf eine eigentümliche Art tut sie mir leid.“
Sie blickte Teresia an und sagte dann leise:
„Wie alle Frauen, die ihre Liebe und ihr Leben den falschen Mann gegeben haben.“

Die beiden Frauen saßen eine kleine Weile schweigend zusammen. Dann brach die Priesterin das Schweigen und deutete mit einem Nicken auf das aufgeschlagene Buch. Sie lächelte leicht.
„Willst du nicht weiter sprechen? Das war doch bestimmt noch nicht alles, oder?“
Die ältere Nonne lächelte zurück und schüttelte leicht den Kopf.
„Nein, war es nicht. Denn jetzt kommt der eigentlich unglaubliche Teil der Geschichte.“

Während Cai'Lean sie gespannt ansah, wie es wohl weiterging, blätterte Teresia wieder einige Seiten des Buches um. Ihre Augen suchten nach der passenden Stelle, die sie Cai‘lean vorlesen wollte, und nach einem kurzen Moment des Suchens hatte sie sie auch gefunden.
„Hier steht es“, sagte sie dann.
„Die Erde war natürlich nicht dem Untergang geweiht. Wieder geschah etwas völlig Unerwartetes., denn wieder war es Lord British, der um Hilfe für den Planeten Erde rief, der wie der Planet Sosaria vollständig vernichtet werden sollte. Es war auch wieder der Fremde aus der anderen Welt, der die endgültige Katastrophe noch verhinderte. Trotz des so scheinbar absoluten Sieges war dieser noch immer in der Lage, die Pläne der Zauberin zu durchkreuzen. Als dieser nämlich die Bedeutung der Zeittore erkannte, gelang es dem Fremden diese selbst für seine Zwecke zu nutzen. So konnte er in Erfahrung bringen, wo sich Minax aufhielt. Um aber nach Shadowguard in die Zeit der Legenden zu gelangen, musste er aber seine eigenen Fertigkeiten steigern. Im Jahre 1990 der Zeitrechnung auf dem Planeten Erde besuchte er dort eine Stadt namens San Antonio und sprach dort in einem Hotel, dem Hotel California mit einem Angestellten. Er erfuhr von einem gefangengehaltenen Kämpfer von einem Quicksword namens „Enilno“, das die einzige Waffe war, mit der Minax besiegt werden konnte. Außerdem gab es in dieser Stadt noch einen alten Mann, der im Besitz eines sehr speziellen Ringes war. Dieser Ring hatte die Fähigkeit, das derjenige der ihn trug, die Kraftfelder, die Minax zu ihrem eigenen Schutz um sich geschaffen hatte, zu durchdringen und unversehrt zu passieren. Aber bevor der Fremde diesen Ring erhalten konnte, musste dieser erst von Father Antos gesegnet werden. Um auf den Planeten X zu gelangen, brauchte der Fremde ein…“,
Teresia suchte noch einmal die betreffende Stelle im geheimen Bericht ab,
“ah… hier steht es… ein sogenanntes Raumschiff, wie immer es ausgesehen hat. Damit konnte das Zeitalter Aftermath und der Ort Pirate’s Harbor erreicht werden, wo sich der Fremde nun eine …“,
sie musste die Stelle noch mal nachlesen,
“… eine Raumausrüstung sowie Tri-Lithium für den Antrieb des Schiffes beschaffte und durch einen Hyperrraum zum Planeten X fliegen konnte. In einer Kapelle fand er dann Father Antos und erhielt auch den erforderlichen Segen. Wieder zurück auf der Erde angekommen, konnte der Fremde nun den magischen Ring in Empfang nehmen und sich Minax stellen. Er nahm das Zeittor zum Legend Zeitalter, kämpfte sich durch bis zu Minax Festung und bezwang die Zauberin dann in einem erbitterten Kampf. Minax starb durch das Schwert, das der Fremde von der Erde mitgebracht hatte. Er hatte seine Welt vor dem sicheren Untergang bewahrt.“

Mit diesen Worten klappte Teresia den dicken Folianten wieder zu.Sie schwieg einen Moment, bevor sie dann weiter sprach, da sie von Cai‘lean belustigt grinsenden Kopfschütteln über das eben gehörte irgendwie abgelenkt wurde.
„Wie wir aus den Geschehnissen der Vergangenheit her wissen, ist Minax nicht wirklich gestorben.
Es wird erzählt, dass die Gargoyles in der „Etheral Void“ nach ihrem Geist gesucht und ihr Bewusstsein in einem Schrein ihres Landes abgelegt haben, dem Schrein der Leidenschaft. Aber da Terfin, das Land der Gargoyles auch zerstört wurde, bleibt unklar, ob der „Shrine of Passion“ nicht erst viel später gegründet wurde.“
„Nun...“, sagte Cai‘Lean nachdenklich, „es ist jedoch bekannt, das Exodus‘ Psyche in ähnlicher Weise von den Gargoyles verankert wurde. Es wäre durchaus möglich, das nach der Zerstörung von Terfin der Geist Minax‘ wieder in die Freiheit gelangte und nun ähnlich wie ein Changeling agiert, der die Gestalt der dunklen Zauberin annimmt.“
„Ja, das mag wohl so sein. Was aber passiert, wenn jetzt wieder alle Zeichen darauf hindeuten, das die Zeitentore wieder geöffnet werden? Wenn Minax zurück nach Shadowguard gelangt, wird sie ihre alte Kraft wieder finden und erneutes Chaos anrichten.“
„Den Lauf der Zeit werden wir nicht aufhalten können, liebe Freundin.“ Cai‘Lean nahm die Hände der Äbtissin nun sanft in die ihren und drückte sie leicht.
„Die Geschichte schreibt sich von selbst, ohne das wir sie verhindern können. Aber wenn wir klug sind, können wir sie zumindest verändern.“
„Die Zukunft macht dir also keine Angst“, kam es leicht verwirrt von Teresia zurück. Cai‘Lean schüttelte den Kopf.
„Nein“ sagte sie schlicht, „tut sie nicht. In der Hauptstadt werden sie bestimmt schon alle möglichen Maßnahmen ergriffen haben, um es der dunklen Zauberin nicht zu leicht zu machen. Dort sitzt nun mittlerweile ein König, der eine alte Feindin wohl zu bekämpfen weiß.“


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* Das Problem hatten wir schon mal :blinzel: :D
** Zitat von Edward C. Whitmont, leicht für das Gespräch abgeändert.
 

Ena'Enyat

Diener
Mit den Augen eines Wolfes (Teil 2) – Der Traum des alten Sehers

Im Traum gingen sie Seite an Seite, Askan und der Wolf. Die eisige Kälte war verschwunden, stattdessen wärmte die Sonne, die sich nun nicht mehr hinter grauen Schneewolken versteckte, seine eisigen Glieder. Er fühlte auch keinen Hunger, der seinen Gliedern sonst die Kraft raubte oder ihm die Sinne verwirrte. Askan ging in einem flotten Tempo, und der Wolf folgte ihn im lässigem Schritt hinterher.
Als sie an eine Anhöhe kamen, war das Tier ein Stück voraus gelaufen und wartete oben auf einer kleinen flachen Ebene auf den alten Seher. Als der Askan dann neben ihm stand, schaute das Tier geradeaus und wies mit der Schnauze ins Land nach vorn.
„Da!“ Laut und deutlich war die Stimme in seinem Kopf.
„Siehst du es? Da vorne im Norden.“
Askan hob eine Hand, um seine Augen von dem blendenden Licht der Sonne, die den Schnee zum Glitzern brachte, zu schützen. Dann sah er, was das Tier ihm zeigen wollte. Vor seinen Augen funkelte in der Ferne eine bedrohliche Wand aus Kälte und blauem Eis. Wasser strömte an den Seiten dieser Wand herunter, die vor sich Kies und große Steine führte, die in der Eiseskälte fest froren und merkwürdige Formen bildeten. Die Wand schob sich immer weiter nach Süden vor, und in der Ferne war das deutliche Krachen, Ächzen und Kreischen des gewaltigen Gletschers zu hören.
„Verstehst du nun, Seher?“
Und als Askan langsam nickte, fuhr der Wolf fort:
„Darum verschwindet das Karibu und die großen Büffel. Das Land wird eines Tages begraben unter dieser Wand, denn niemand kann sie aufhalten.“

Niflheim, das Land des Eises und des Todes war gekommen, dessen war Askan sich nun sicher. Niflheim war das Land, in das jene kamen, die in ihrem Leben nicht gut und nach den Gesetzen gelebt hatten, die zu Verbrecher wurden und Meineide geschworen hatten. Er schluckte, als er dann auf den Wolf hinunter sah.
„Ist das das Ende?“ fragte er, und konnte nicht ganz verhindern, das sich die Furcht auf seine Stimme legte.
„Nein“, sagte der Wolf, „aber auch du hast scheinbar alles vergessen, was man dich einst lehrte.“
„Was meinst du?“ fragte Askan verwirrt. Das Tier setzte sich nun auf die Hinterläufe und schaute wieder weiter geradeaus. Er schwieg einen kleinen Moment, aber dann sprach er.

„Seit den Zeiten, als nur Sonne und Mond uns Licht gaben, kannte ich Dich. Aus den riesigen und undurchdringlichen Wäldern heraus beobachtete ich Dich. Ich war Zeuge, als Du das Feuer bändigtest und fremdartige, neue Werkzeuge machtest.
Von den Kämmen der Hügel und Berge aus sah ich Dich jagen und beneidete Dich um Deine Jagderfolge. Ich fraß Deine Beutereste und Du hast meine Beutereste gefressen.
Ich lauschte Deinen Gesängen und sah Deinen Schatten um die hellen Feuer tanzen. In einer Zeit, so weit zurück, dass ich mich kaum mehr erinnern kann, schlossen sich einige von uns Dir an um mit Dir an den Feuern zu sitzen. Sie wurden Mitglieder Deines Rudels, jagten mit Dir, beschützten Deine Welpen, halfen Dir, fürchteten Dich, liebten Dich.
Und für sehr lange Zeiten lebten wir so zusammen, denn unsere Wesen waren sich sehr ähnlich. Deswegen hast Du die Zahmen von uns adoptiert. Ich weiß, einige von Euch respektieren auch mich, den Wilden. Ich bin ein guter Jäger. Auch ich respektierte Dich. Auch Du warst ein guter Jäger. Ich sah Dich oft gemeinsam mit den Zahmen Beute erlegen.
In jenen Zeiten gab es alles im Überfluss. Es gab nur wenige von Euch. Die Wälder waren groß. Wir heulten zusammen mit den Zahmen in der Nacht. Einige von ihnen kehrten zu uns zurück, um mit uns zu jagen. Einige von ihnen fraßen wir, denn sie waren uns zu fremd geworden. So lebten wir zusammen für lange, lange Zeiten. Es war ein gutes Leben.
Manchmal stahl ich von Deiner Beute, und Du stahlst von meiner Beute. Erinnerst Du Dich, wie Dein Rudel hungerte als der Schnee hoch lag? Du fraßt die Beute die wir erlegt hatten. Das war unser Spiel. Das war unsere gegenseitige Schuld. Manche nannten es ein Versprechen.
Wie viele der Zahmen aber wurdest auch Du uns immer fremder. Wir waren uns einst so ähnlich, aber jetzt erkenne ich einige der Zahmen nicht mehr und ich erkenne auch einige von Euch nicht mehr. Du machtest auch die Beute zahm. Als ich begann, Deine zahme Beute zu jagen (es waren dumme Kreaturen auf die die Jagd keine Herausforderung war, aber die wilde Beute war verschwunden), jagtest Du mich und ich verstand nicht, warum.
Als deine Rudel immer größer wurden und begannen, gegeneinander zu kämpfen, sah ich Eure großen Kriege. Ich fraß jene, die Du erschlagen hattest. Dann jagtest Du mich noch mehr, denn für mich waren sie Nahrung, aber Du hattest sie getötet.
Wir Wilden sind nur noch wenige. Du zerstörtest unsere Wälder und brachtest viele von uns um. Aber ich jage immer noch und füttere meine versteckten Welpen, wie ich es immer getan habe. Ich frage mich, ob die Zahmen eine weise Wahl trafen, als sie sich Euch anschlossen. Sie haben den Geist der Wildnis vergessen. Es gibt viele, viele von ihnen, aber sie sind mir so fremd.
Wir sind nur noch wenige und ich beobachte Dich immer noch, um Dir auszuweichen.
Ich denke, ich kenne Dich nicht mehr länger.“*


Askan wusste, das der Wolf ihn nicht persönlich meinte, sondern von den Menschen im allgemeinen sprach.
„Dennoch stehst du hier“ stellte er fest, und der Wolf sah ihn an.
„Ja“, sagte er, „weil ich denke das es trotz allem noch Hoffnung gibt. Weil dies nicht das Ende aller Tage ist, sondern der Beginn einer neuen Welt. Komm mit mir!“
Der Wolf setzte sich in Bewegung und lief weiter auf die hohe Wand zu, und Askan folgte ihn. Sie überquerten einen von breiten Ufern gesäumten Fluss, auf dem sich Eisschollen ineinander schoben und sich in Richtung des Tals zwängten. In dem kristallklaren Wasser konnte Askan die Weibchen der Lachse und Forellen erspähen, die sich wie jedes Jahr um diese Zeit wieder flussaufwärts durch wilde Stromschnellen zu ihren Laichplätzen kämpften.Dann, als sie die Wand erreichten, blieb das Tier stehen und sah sich nach dem Seher um.
„Hier durch“ raunte er. Askan konnte zunächst nicht sehen, was nach einem Durchgang Aussah, aber dann fand er den Spalt in der Wand , der sich später, als sie gemeinsam hindurch gingen, sich zu einem gewaltigen Felsriss ausweitete. Als Askan kurz nach oben blickte, konnte er irgendwo in schwindelerregender Höhe längst einer gezackten Bruchlinie am Eis entlang ein Stück vom blauen Himmel entdecken. Unten in der Tiefe der Spalte umfing ihn erneut die Dunkelheit. Er befühlte das Fell des Wolfes, der sich dicht neben ihm hielt.

Eine gefühlte Ewigkeit gingen sie beide so in der Dunkelheit , bis Askan schließlich in der Ferne einen kleinen hellen Lichtpunkt ausmachte, der sich zunehmend vergrößerte. Die schroffen Wände der Felsen traten weiter auseinander und gaben den Blick wieder frei auf den Himmel. Die Angst, die den Seher bis dahin gefangengehalten hatte, war nun , und im blauen Schatten des Eises kamen die beiden nun schnell voran. Kies knirschte unter ihren Schritten, und der Weg war frei, bis sich schließlich große, vom Wasser rund geschliffene Findlinge vor ihnen auftürmten, die den Weg
wieder versperrten.
Der Wolf ging nun wieder voraus und sprang dann behende von einem Felsen zum nächsten. Dann hielt das Tier inne und blickte über die Schulter zurück. Wind zog auf und wirbelte den langen grauweißen Pelz des Tieres durcheinander.
„Hier ist der Weg, Seher.“
Die Stimme des Tieres hallte als Echo von des Felswänden zurück. Der Wolf sprang weitwer von Felsen zu Felsen. Silbriges Sonnenlicht verfing sich in seinem buschigen Schwanz. Elegant balancierte er über die mächtigen Steine und verschwand mit einem einzigen Riesensprung über den Rand eines Grats. Askan biss sich auf die Lippen. Ein Gefühl unendlicher Einsamkeit durchströmte ihn jetzt. Nach einem kurzen zögerlicher Moment folgte er dann kurzentschlossen dem Tier und nahm den Kampf mit den Felsen auf. Er keuchte vor Anstrengung, während er sich langsam immer weiter hinauf zog auf den glatten Granit. Schwitzend und mit stechenden Lungen erreichte er schließlich die Kante des Grats. Von der Sonne geblendet blickte Askan dann hinunter in das jenseitige Tal.

Es verschlug ihm den Atem. Unter ihm lag ein grünes, dschungelartiges Tal. Hohes Gras wogte sich unter den leisen Spiel des Windes. Über die saftigen Ebenen schritten fremdartige Tiere majestätisch über das saftige Grün. Große Katzen mit grellem Fell schlichen durch das Unterholz der haushohen Bäume, und auch kleine Ansammlungen von Dörfern in einer eigenartigen Bauweise konnte er erkennen, die auf kleinen Inseln in der wasserreichen Ebene gebaut waren.
Noch ahnte dieses Land nichts davon, was außerhalb dieses Tales lag. Aber schon bald würde irgend eine höhere Macht einen andern Weg hierher öffnen. Er musste zurück. Nur zögernd und mit Widerwillen trat Askan den Rückweg an und lis dieses herrliche Land hinter sich. Der Abstieg in den blauen Schatten des Eises raubte ihm erneut die neu gewonnene Energie. Als er wieder auf der anderen Seite des Eiskanals angekommen war, fühlte er nichts als Mattigkeit und Kälte...


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* Quelle: Jim Brandenburg: Canis lupus, aus dem Buch „ Bruder Wolf“
 
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